Anfang Juni 2012 sind wir mit unseren Freunden Birgit und Ralph nach Albanien aufgebrochen. Es sollte der erste Test abseits ’normaler‘ Straßen für unsere beiden Fahrzeuge werden (Mercedes 1217 und IVECO 110-17 AW). Zunächst hatten wir vor Albanien von Süd nach Nord zu durchfahren, dazu aber später mehr. Um An- und Abreise nicht unnötig in die Länge zu ziehen, hatten wir uns entschlossen, mit der Fähre von Ancona (I) nach Igoumenitsa (Gr) zu fahren. Am 01.06.2012 ging es los, wir trafen uns irgendwo in der Nähe von Stuttgart auf einem Rastplatz und am nächsten Tag ging es durch die Alpen Richtung Italien. Wir hatten genug Zeit und so übernachteten wir im Norden Italiens, um am 04.06. in Ancona auf die Fähre zu fahren.
Nach einer ruhigen Nacht kamen wir am 05.06. in Igoumenitsa an, verliessen die Fähre und fuhren gleich weiter nach Albanien, um in der Nähre von Sarande den ersten Stellplatz in Albanien anzufahren. Die Fahrt führte uns zwischen Mittelmeer und Butrintsee entlang, zuvor mussten wir jedoch die Butrint Cable Ferry benutzen. Das sah recht abenteuerlich aus, der Fährmann versicherte uns aber, dass ein Fahrzeuggewicht von ca. 8 t in Ordnung geht. Dem war so.
Nachdem wir die recht steile Abfahrt Richtung Stellplatz am Meer gemeistert hatten, wurden wir mit einem wunderbaren Platz belohnt und das direkt dort liegende Gasthaus verwöhnte uns mit landestypischen Speisen. Hier blieben wir bis zum 10.06. und unternahmen mit den Motorrädern mehrere Ausfahrten:
Am 10.06. ging es weiter entlang der Küste Richtung Llogara-Pass. Die Straße ist zwar sehr gut ausgebaut, jedoch sehr kurvenreich und mitunter ging es abseits recht steil und tief hinab, sollte man die Orientierung verlieren. Wir sahen vermutlich auch den Bus, der hier abgestürtzt war, was sogar in Deutschland durch die Presse gegangen ist. Unterhalb des Passes ging es dann links ab Richtung Mittelmeer und nach einigen km über Schotter und Geröll erreichten wir einen wunderbaren Sandstrand, den wir fast für uns alleine hatten. Von hier aus konnte man weite Ausflüge am Strand entlang machen und die Abende am Grill in Betrachtung der Sonne, die im Meer versinkt waren unvergleichlich.
Hier ließen wir es uns bis zum 12.06. gut gehen um dann weiter Richtung Norden aufzubrechen. Wir hatten in der Zwischenzeit beschlossen, doch nicht ganz Albanien zu bereisen, sondern etwa auf der Höhe von Berat Richtung Osten ins Landesinnere abzubiegen, um dann etwa auf der Höhe von Korca wieder nach Süden zu fahren, um in Igoumenitsa wieder mit dem Schiff zurück zu fahren. So ging es weiter, zunächst den Llogara-Pass hinauf, weiter an der Küste entlang. Birgit und Ralph wollten weiter durch das Landesinnere fahren, Marion und ich hatten auf jeden Fall vor noch die Ausgrabungsstätte von Apollonia zu besuchen, um dann Richtung Berat zu fahren. Hier wollten wir uns wieder treffen.
Soweit so gut, wir erreichten gegen Abend auch Berat, die Stadt der 1000 Fenster, was mit Sicherheit noch untertrieben ist. Der Fluss, der zu dieser Zeit ziemlich ausgetrocknet war und eine große sandige Stellfläche freigab, erschien uns gerade recht als Stellplatz und so haben wir praktisch direkt unterhalb der Altstadt einen Stellplatz gefunden. Undenkbar in den sogenannten zivilisierten Ländern Europas, hier hat sich keiner daran gestört. Im Gegenteil, des Abends kamen einige Kinder zusammen mit ihren Müttern und haben uns frisch gebackenes Gebäck mit warmem Fruchtkompott vorbei gebracht. Ohne Hintergedanken, einfach so aus reiner Gastfreundschaft. Ist schon beschämend, wenn man sich vor Augen hält, wie wir in Deutschland mit Fremden, solche sind wir nun mal in diesem Land, umgehen. In Berat sind wir zwei Tage geblieben, wir haben uns die Stadt angesehen, was interessant und aufschußreich war, aber auch sehr schweißtreibend, weil Hitze mit vielen Anstiegen durch enge Altstadtgassen zusammen gefallen ist. Was uns hier, wie in vielen anderen albanischen Ansiedlungen aufgefallen ist, war die unmittelbare Nähe christlicher und muslimischer Kirchen/Moscheen. Auch auf den Friedhöfen gab es Bereiche mit christlichen sowie mit muslimischen Verstorbenen. Es ist schon erstaunlich, wenn man sieht wie friedlich die Religionen hier miteinander umgehen können und man in den Medien immer wieder von grausamsten Übergriffen gegenüber Andersgläubigen im Rest der Welt hört.
Das nächste Ziel sollte Korca im Osten sein. Ein Blick auf die Karte zeigte uns, dass es einen wohl sehr gut ausgebauten Weg weiter im Norden geben sollte, oder eben einen etwas ’spannenderen‘, der dann auch etwas kürzer sein sollte. Wir waren uns darüber im klaren, dass kürzer mit Sicherheit nicht die Zeit bedeuten sollte, die man braucht, aber schließlich waren wir ja hier hin gekommen um mal zu sehen, was die Autos (und auch wir) so alles können. Um die Strecke entlang eines kleinen Baches stressfrei und im Hellen fahren zu können, sind wir zunächst nur bis Gramsh gefahren und haben hier übernachtet. Am nächsten Tag ging es dann los über eine ‚Straße‘ über die Wiki das folgende schreibt:
Da die Straße von Gramsh nach Korça nur sehr schlecht befahrbar ist und regelmäßig unterbrochen wird, ist der Ort eigentlich nur über Elbasan zu erreichen.
Die hatten Recht, es war ziemlich ‚unpaved‘. Nett war auch, dass uns die Albanien Rallye in Form von diversen Motorrädern, Quads und Geländewagen entgegen kam. Auch ein einheimischer 7,5t LKW war dabei und die Straße ist wirklich sehr schmal und zum Bach hinunter geht es recht schnell ziemlich tief hinab, zum passieren mussten die wenigen vorhandenen “Ausweichstellen” angefahren werden – meistens rückwärts. War ein wenig wie im Film. Uns fehlte noch die Routine, in solchen Situationen zum Fotoapparat zu greifen, wir waren in erster Linie froh nicht abgestürzt zu sein.
Wie auch immer, Abends sind wir in Korca angekommen, der Stadt in der das gleichnamige Bier gebraut wird. Mutig geworden durch unsere guten Erfahrungen in Berat haben wir uns mitten in der Stadt, direkt neben einen kleinen Park gestellt. Auch hier haben wir niemanden gestört, selbst die motorradfahrende Polizei hatte nur Interesse an unseren Motorrädern und fand nichts dabei, dass wir dort standen. Wir belohnten uns für den vergossenen Angstschweiss erst einmal mit einem guten Abendessen in genanntem Park und haben uns den nächsten Tag in der Stadt umgesehen. Zufällig war Markttag, unser Sohn Simon kam dadurch zu Lacoste Schuhen, Ralph hat an einem Stand mit gebrauchten LKW-Ersatzteilen ein genau passendes Rücklicht für seinen Mercedes gefunden. Der Besuch hat sich also nicht nur was den Erlebniswert angeht gelohnt.
Tags darauf ging es dann der Hauptstraße entlang weiter Richtung Süden. Einer Eingebung folgend, sind wir schon kurz hinter Korca Richtung Westen von der Hauptstraße abgebogen. Nach wenigen km tauchte ein wunderbarer See vor uns auf und auf einer kleinen Landzunge sahen wir einen großen MAN mit Wohnkabine. Keine Frage, da mussten wir hin und in der Tat waren hier gleichgesinnte. Conny und Tommy von MANTOCO hatten den Platz wohl schon vor uns gefunden und auf ihrer Reise Richtung Iran hier Zwischenstation gemacht. So verbrachten wir den Abend bei Wein und gutem Essen zusammen und jeder hatte unter sternreichem Himmel eine Geschichte von vergangenen Reisen parat.
Vom 17. bis zum 20.06. waren wir hier, mit den Motorrädern haben wir zahlreiche Fahrten in die Berge unternommen. Birgit und Ralph haben bei dieser Gelegenheit eine Forellenzucht gefunden und ich glaube ich habe noch nie so gute Forellen gegessen. Über den Preis kann ich nur verschämt schweigen. Albanien ist nun mal ein sehr wasserreiches Land und zumindest hier war Umweltverschmutzung ein Fremdwort.
Die nächste Etappe unserer Reise führte uns zu den Quellen von Permet. Hier findet man auch die bekannte osmanische Brücke, die den Einband unseres Reisführers zierte. Natürlich sind wir darüber gelaufen; wenn auch ohne Geländer, recht schmal und uneben ist das ein Muss. Auf der anderen Seite waren mehrere natürliche Warmwasserbecken, in denen man nach einer ausgiebigen Wanderung so richtig ‚abhängen‘ konnte. Ein Mysterium das wir von unserem Stellplatz aus sehen konnten, wurde auf der Wanderung gelüftet. Man sah von unten in den Bergen ständig eine Rauchwolke aufsteigen. Wir dachten schon, es sei aufgrund der warmen Quellen irgendwie vulkanischen Ursprungs, wurden aber eines Besseren belehrt. Als wir uns der Rauchquelle näherten, roch es immer stärker nach verbranntem Plastik und in der Tat war das der Ausgang eines Kamins. In der auf der anderen Seite des Berges liegenden Gemeinde haben die Menschen wohl einfach ihren Abfall in eine Höhle gekippt und dort angezündet. Der Rauch hat sich dann seinen Weg durch den Berg gesucht und ist hier, mitten in der unberührten Natur wieder ausgetreten. Westliche Verpackungen haben ihren Weg auch hierhin gefunden, leider ist die notwendige Infrastruktur nicht vorhanden, um mit den resultierenden Müllbergen fertig zu werden. Ein Phänomen, das wir auch bei unseren Reisen nach Marokko immer wieder sehen konnten.
Bereits am nächsten Tag, dem 22.06. ging es weiter Richtung Gjirokaster. Hier haben wir leider nur einen Platz auf der Zufahrtstraße vor der Stadt gefunden. Es ist hier alles ziemlich steil und steinig. Wären wir mit unseren Autos im Tal geblieben wäre der Fußweg bis zu Stadt recht weit und ermüdend gewesen. Trotzdem hat sich der Besuch in der Stadt gelohnt. Sie ist die Geburtstadt von Enver Hoxha dem letzten Diktator Albaniens sowie dem bekannten albanischen Schriftsteller Ismail Kadare. Wir haben die Stadt auf beschwerlichen Wegen durchschritten und konnten an vielen Stellen noch die Auswirkungen des 2.Weltkrieges erahnen, unter dem die Stadt sehr gelitten hat. Später haben wir das Buch ‚Chronik aus Stein‘ von Kadare gelesen, es ist uns sehr nahe gegangen. Sicher haben die Erfahrungen des 2.Weltkrieges dazu beigetragen, aus Hoxha diesen extrem verwirrten Diktator zu machen, der sein ganzes Land mit Bunkern übersäht hat und sicher auch damit zur extremen Armut des Landes beigetragen hat.
Wie dem auch sein, am nächsten Tag sind wir wieder weiter gefahren, wir brauchten einfach mehr Platz um z.B. Abends vor unseren Autos zu sitzen, zu grillen und in Ruhe ein Bier zu trinken. So ging es zu einem Ort abseits der Straße an einem kleinen Fluß. In unseren Reiseaufzeichnungen steht er unter der Bezeichnung ‚Middle of nowhere‘. Aber es war nett dort, recht dramatisch baute sich eine Gewitterfront auf, die aus den Bergen zog. Bis sie bei uns angekommen war, ist sie allerdings schon wieder in sich zusammen gebrochen und unsere Sorge, dass das Rinnsal des Flüsschens sich zu einem richtigen Fluss ausweiten könnte, erwies sich als unbegründet.
Am 24.06. schloss sich der Kreis dann wieder, wir kamen erneut am Syri i Kalter an, diesmal von Osten her. Da wir jetzt mit den Fahrzeugen hier waren, haben dort zweimal übernachtet. Diesmal haben wir es uns auch nicht nehmen lassen, ein Bad in der Quelle zu nehmen. Das hat schon seinen besonderen Prickel, es kommen hier pro Sekunde ca. 7.000 Liter Wasser aus der Erde, das zerrt schon ganz nett an einem. Leider liegt die Temperatur bei ca. 7 Grad, aufgrund der hohen Strömungsgeschwindigkeit kommt es einem noch kälter vor. Aber 1-2 Minuten haben wir es dann schon ausgehalten.
Am Syri i Kalter hieß es dann auch Abschied von Birgit und Ralph nehmen. Die beiden mussten schon früher nach Hause und sind am 25.06. zurück nach Igumenitsa gefahren. Marion und ich haben von der Quelle aus noch einig wunderbare Ausflüge mit den Motorrädern gemacht, außerdem haben wir das Restaurant besucht, das direkt an der Quelle liegt. Frischer kann man sicher keinen Fisch essen, es war ein Erlebnis, auch wenn die Hintergrundgeräusche durch den rauschenden Bach doch allgegenwärtig waren.
Da es uns am Strand von Sarande so gut gefallen hatte, beschlossen wir, vor unserer Abreise mit der Fähre nochmals für einige Tage dorthin zu fahren. Immer noch hatten wir den ganzen Platz für uns alleine, und der Besitzer des Restaurants freute sich aufrichtig, uns nochmals als Gäste willkommen zu heißen. Abermals haben wir die Motorräder von der Bühne genommen und durchstreiften die Bilderbuchlandschaft. Diesmal befuhren wir auch das östliche Ufer des Butrintsees und es war schon beeindruckend, von den Bergen aus einen Blick erst über den See, dann über die Landzunge, über das Meer bis nach Korfu zu haben. Das ist schon eine super schöne Gegend.
Am 29.06. hiess es dann Abschied von Albanien nehmen. Gegen Mittag sind wir wieder nach Griechenland gefahren. Hier haben wir noch einen Kaffee in einer Bar direkt am Mittelmeer getrunken, diesmal wieder zu Preisen die in ‚zivilisierten‘ Länder üblich sind und gegen Abend erreichten wir die Fähre Richtung Italien.
Der nächste Tag brachte uns von Ancona aus Richtung Nord/West in den Norden von Italien. Hier haben wir nochmals übernachtet, bevor wir am nächsten Tag durch die Alpen gefahren sind. Die letzte Übernachtung im Auto war dann irgendwo in Bayern, auch sehr schön an einem Fluß gelegen. Aber, wir waren wieder in Deutschland, der Bauer hat dann am nächsten Morgen recht früh damit begonnen seine Wiese, auf der wir standen zu düngen. Nicht dass er sauer war, wir konnten dort zunächst stehenbleiben, aber er musste halt seiner Arbeit nachgehen und deshalb sollten wir nach dem Frühstück bitte weiter fahren. Bis dahin hat er unser Areal erst mal ausgespart. Wir waren wieder zu Hause.
Am Abend des 02.07. sind wir wieder in heimischen Hafen eingelaufen.
Resume:
Albanien ist ein sehr gastfreundliches Land. Die Menschen vermitteln den ehrlichen Eindruck, dass sie sich darüber freuen, dass Touristen in ihr Land kommen. In Deutschland wurden wir immer wieder gefragt, ob wir keine Angst hätten nach Albanien zu fahren, schließlich sei die Kriminalität dort sehr verbreitet. Wir glauben mittlerweile, dass sich die Kriminellen aus diesem Land sonstwo in Europa aufhalten, um ihren Geschäften nachzugehen. Zurück geblieben sind die einfachen rechtschaffenen Leute. Dieser Eindruck mag etwas verfälscht sein, da wir die großen Städte, wie z.B. Tirana gemieden haben.
Die Landschaft ist großartig, soweit wir gelesen haben, ist Albanien das im Schnitt höchst gelegene Land Europas. Es geht direkt vom Mittelmeer innherhalb weniger km bis auf über 2000 Höhenmeter. Es gibt überall Wasser in ausreichender Menge, nichts ist vertrocknet wie sonst so häufig in Mittelmeerländern. Die atemberaubende Landschaft hat natürlich auf der anderen Seite den Nachteil, dass Straßenbau extrem aufwändig ist. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass die Diktatur unter Hoxha einen Stillstand in der Entwicklung des Landes bedeutete. Auch die handwerklichen Fertigkeiten der Bevölkerung wurden in dieser Zeit wahrscheinlich systematisch reduziert. Das zeigt sich z.B. darin, dass die Nahrungsmittel von sehr schlechter Qualität sind, soweit sie zubereitet werden müssen, wie Wurst und Käse. Auch der albanische Wein ist von eher bescheidener Qualität, wenn man bedenkt was unter diesem Klima für hervorragende Weine wachsen könnten. Ein weiteres Problem der schlechten Infrastruktur besteht darin, dass in den letzten Jahren eine Unmenge privater Autos in’s Land gekommen sind. Unter Hoxha war es verboten privat ein Auto zu besitzen, das hat zu einem enormen Nachholbedarf geführt. Damit hat der Straßenbau in keinster Weise mithalten können.
Abschließend bleibt für uns zu sagen, Menschen und Landschaft sind auf jeden Fall eine Reise wert, nein, für mindestens zwei Reisen, im nächsten Jahr kommen wir wieder und besuchen den Norden Albaniens (siehe 2013).
Mirupafshim Albanien
Zurück zu vergangene Reisen
Zur allseits beliebten DATENSCHUTZERKLÄRUNG