2019_GoSouth_West_Africa_Teil05

 

Reiseroute durch Westafrika

Einige kurze Filme von unserer Reise;  Update 09.02.2021 (klick hier):

Senegal 
30.12.202005.01.2021 Wenig geschieht in Kabrousse. Expats nebst Familien schalten um uns herum in den Urlaubsmodus. Kleine und größere Restaurants buhlen um die wenigen Inlandstouristen und die noch geringere Zahl Gestrandeter. So sind wir auch Silvester in kleiner, geselliger Runde. Stimmungsvolles Umfeld: Strand, Palmen, Musik, Tanz, Lagerfeuer. Ein wunderbares, üppiges Büffet. Liebevoll dekoriert. Salate, Gemüse, Früchte. Frisch gegrillt werden Crevetten, Langusten, Huhn, Spanferkel. 15 €/Person. Auch der Wein ist preiswert, doch wie gewohnt nicht von bester Qualität. Die Alternative, überteuert und mittelmäßig, ist kaum attraktiv. Zudem meist nicht im Angebot. Gegen Mitternacht begleitet ein kleines Feuerwerk die Rufe bonne année, bonne santé. Theodor Fontane meint Das Leben gleicht einer Reise, Silvester einem MeilensteinLeben. Gutes Reisen – in und durch 2021.
Alltagstrott. Wir trotten durch die Tage. Beschäftigen uns mit Dingen, die wir nicht tun wollen, als da wären Botschaften bzw. Konsulate mancher Herren Länder kontaktieren. Per E-Mail, Telefon. Erfolglos. Außer den freundlichen Mauretaniern sind sich die verschiedensten Vertreter von Deutschland, Marokko, Senegal einigGar keine oder zögerliche Rückmeldung, nicht zuständig, nicht verantwortlich, nicht autorisiert. Wen schert schon das Weltreisepaar, das sich erdreistet, durch Marokko nach Europa fahren zu wollen, zu Zeiten, wo reisen quasi gleichbedeutend ist mit aussätzig sein und Freiheit zum Schimpfwort wurde. Süden und Osten sind politisch dicht. Im Westen liegt der Atlantik und Ive kann immer noch nicht schwimmen. Im Norden mauert sich Marokko ein. Und ich/M verrate euch was: Auf Dauer werden der schönste Sandstrand, die tollste Tropenvegetation und der üppige Garten Eden langweilig. Ich kann Evas Neugier und Ungehorsam bestens verstehen, die sie verleiteten, sich vom Baum der Erkenntnis zu bedienen. Den Reiz des Neuen erleben. Über den Horizont schauen. Spielen mit Fähigkeiten, Möglichkeiten, wachsen, erfahren... Aus der Traum!
Wir lernen Vokabeln, die uns nie interessierten: certificat de naissance Geburtsurkunde, casier judiciaire / polizeiliches Führungszeugnis, certificat de résidenceWohnsitzbescheinigung und dergleichen. Denn wir sind u .a. dabei, eine carte d´étrangerAusländerkarte bzw. Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Damit könnten wir z. B. in Gambia ein- und wieder in den Senegal ausreisen. Sagt man. Sollten wir im Sommer Ive im Senegal für den Heimaturlaub stehen lassen, können wir als Touristen nicht zu ihm zurück… Die Karte, sowie auch Immobilienbesitz, helfen bei der Rückkehr. Sagt man. Land ist preiswert zu erwerben. Eine Hütte flugs gebaut. Neue Lebensmodelle gilt es zu erdenken. Immobilie contra Wohnmobilie. Oder und? Das macht jedoch das derzeit sehr verschlossene Westafrika im Vergleich zum eher freizügigen Süden auch nicht größer!

24.12. – 29.12.2020 Im 70km entfernten Ziguinchor besuchen wir die Mitternachtsmesse. Nicht in der Kirche, davor! Das Dach der Cathédrale Saint Antoine de Padou ist einsturzgefährdet. Auch die Krippe ist unter freiem Himmel aufgebaut. Zu Beginn herrscht die in Gotteshäusern übliche Stimmung. Stille, Andacht, Einkehr dominieren. Distanz, jeder zweite Platz muss frei bleiben. Später rückt man vermehrt zusammen, es sollen nicht so Viele stehen müssen. Wir zählen wohl an die Tausend Besucher. Weiße weniger als Finger an einer Hand. Die Messfeier erscheint nach bekanntem Muster. Chor und Gemeinde haben je einen Dirigenten. Musik wird ab und an von Trommeln untermalt. Flott, rhythmisch. Frohe Stimmung macht sich breit. Leider verstehe ich von den Worten der Akteure einschließlich derer des Bischofs wenig. Armut und Wohlstand, Friede und Freiheit, Hoffnung, Liebe und Menschlichkeit werden thematisiert. Christen feiern die Geburt von Gottes Sohn, Muslime die des Propheten Jesus. Noël ensemble, Noël , c´est moi, c´est toi, ce sommes nous! (Weihnachten zusammen, Weihnachten, das bin ich, bist du, das sind wir!) So die Worte des Bischofs. Um Mitternacht ist Schluss. Und dann geht es los. Menschen tanzen, singen, lachen, erzählen, noch bevor sie die umliegenden Gassen und Straßen bevölkern. Ganz Ziguinchor scheint auf den Beinen. Böller sind auszumachen. Frauen tragen oftmals bunte Festtagskleider als gingen sie zum Ball. Kopfschmuck aus Tüchern oder kunstvoll frisiertes Haar. Glitzern von Kopf bis Fuß. Männer beeindrucken durch Kleidungsvielfalt. Von Jeans und T-Shirt, über Kaftan mit Hose, der traditionellen Dashiki (Hemdbluse, mit Stickereien oder Druck) bis zum Anzug ist fast alles vorhanden. Noch weit nach Mitternacht klingt Musik, Lachen, Singen durch die Stadt. Ja, meint Nene unser Fahrer, jedes Jahr ein großes Fest. Warum an die Sorgen von morgen denken, wenn man heute Grund zur Freude hat? Besser als in Deutschland? Fragt er. Anders. Ganz anders. Und doch spüre ich auch denselben Geist der Weihnacht. Eine gute Antwort bleibe ich ihm heute Nacht schuldig. Ok! Leben im Hier und Jetzt wäre sicherlich oftmals eine bedenkenswerte Alternative zum Appell Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
Leider beschert uns `morgen´ nicht die erhoffte Ruhe auf dem Campement Casamance. Es wird gefeiert. Kommunion. Christen und Muslime zusammen. Discomusik. Bis zum Abend.
Am zweiten Weihnachtstag genießen wir wunderbar süffigen Côte de Blaye von Christine und Pierre. Gönnen uns eine Auswahl an französischem Käse dazu – zurück in Kabrousse am Ozean unter Palmen!

23.12.2020 Ein Kind wird geboren. Verkörpert Liebe, Hoffnung, Zukunft. Geschenke, wie sie wertvoller nicht sein können. Ein wunderbarer Teil der Weltkultur, deren Wurzeln nach Vorderasien und Afrika reichen. Wir freuen uns, diesem alten geschichtlichen Brauch Jahr für Jahr ein Fest zu bereiten. Zu Hause. In der Welt! Wie steht es geschrieben auf dem Plakat in Ziguinchor, Senegal: Noël ensemble! Möge 2020 kein Vorbild für die Zukunft sein.

15.12. – 22.12.2020 Administration bzw. das Einholen von Informationen bestimmen teils das Tagesgeschehen in Kabrousse: Verlängerungsprocedere für das Carnet de Passage, Erwerb einer Carte d´ Ètranger/Aufenthaltserlaubnis auf dem bürokratischen Weg. Vom Kauf der Aufenthaltspapiere nehmen wir nach langer Diskussion untereinander und mit verschiedenen Ortskundigen Abstand. Telefonate mit Behörden, Botschaften… gute und schlechte Erfahrungen. Türen öffnen und schließen sich. Schneller als es uns lieb ist. Sollten wir im Besitz unserer Dokumente sein, werden wir über das Procedere berichten; ausführlich auf der Seite Reiseregularien.
Als Gäste bei Franzosen auf ihrem großen Gartengrundstück genießen wir gemeinsam mit Anja und Jörg jedoch auch die Annehmlichkeiten des Landes. Frisches Obst, Gemüse, Meeresfrüchte werden zur Auswahl gebracht. Weißen Hibiscus darf ich im Garten ernten, lege ihn ein wie den roten. Letzterem gebe ich den Vorzug. Traumwetter! Warme Tage, Wind, kühle Nächte. Breiter Sandstrand vor der Haustür. Sauber, weiß, von Palmen gesäumt verliert er sich im Dunst der Gischt am fernen Horizont. Wir laufen. Hinein nach Guinea Bissau – zu Fuß kümmert es niemanden. Auch mit den Betas wagen wir es. Bis zur Mündung des Essukujak in den Atlantik kommen wir, max Süd bei 12.32306° N. Bisher!

09.12. – 14.12.2020 Grenzerfahrungen stehen im Vordergrund. Die Botschaften Mauretaniens und Marokkos sind kontaktiert. Die DB in Rabat über unser Gesuch informiert. Bereits nach 1,5 Stunden meldet sich die zuständige Stelle: Nicht zuständig. Ich/M hatte nichts anderes erwartet. Jedoch wurde der Ausreisevorgang der Spanier vor wenigen Monaten, deren Anfrage ich/M als Datengrundlage nutzte, zwischen spanischer und marokkanischer Behörde ausgehandelt. Da dachte ich mal so, wenn sich nun die Marokkaner an die DB in Rabat wenden wegen unserer Anfrage und die dann von nix ´ne Ahnung haben – auch nicht gut. Oder?
Der gambischen Grenze entlang, mal wieder. Wollen sehen, wie die Landschaft in der Casamance zur Trockenzeit aussieht. Wenn man dem Land näher kommen kann. Abseits der Hauptstraßen. Die D221 führt dicht entlang der Grenze zu Guinea Bissau. Wunderbare kleine Piste. Ab und an Dörfer. Einfach passierbare Furten. Seerosenteiche erzählen von der jüngst vergangenen Regenzeit. Baumwollfelder. Schneeweiße Ernte. Cashew- und Mangobaumplantagen. Maniok. Im Garten Senegals. Wo Landwirtschaft Handwirtschaft ist. Unterstützt von Ochs und Esel. Oder Kindern. Fast 100km dauert die Traumfahrt an. Dann beschließt die Piste zu schikanieren. Der miserable Weg bremst uns nicht aus. Jedoch eine ca. 1m tiefe, recht breite Flussdurchfahrt. Eher nein. Denn wenige Kilometer retour gibt es eine Brücke. Ein kurzes Stück auf die N6, weiter gen Westen auf nördlicher Piste, P217. An einem Erdnussfeld bei Kayal Bezel verbringen wir eine ruhige Nacht, nachdem zuvor zahlreiche Besucher mit unseren Geschichten unterhalten werden wollten. Als Gegenleistung gibt es Erdnüsse. P217, autobahnähnlich ausgebaut. Über 60 Km entspannende, schöne Pistenfahrt, ansprechende Landschaft. Dann mäßigen Schikanen den Schnitt, was uns ab Kolda endgültig auf die N6 zwingt, um unser Tagesziel Ziguinchor zu erreichen. Kurz vor der Stadt ein Disco-LKW mitten auf der belebten N6. Menschenauflauf. Farbenfrohe Kleidung, bei den Frauen. Lachen, tanzen. Feiertag? Auf dem Camping Casamance locken Wäscheservice, „Luxusduschen“, Raum für anstehende Reparaturen. Bei iOverlander, Park4Night und Routard.com anders benannt und koordiniert, erfüllt das Gelände alle Erwartungen (s.o.), wenn man die Weitsicht hat, ins Chaos abzubiegen. Dem Hinweis Casa Motel folgend. Das Campinggelände ist dem Hotel angeschlossen. So erfahren wir späterWir sind die ersten Gäste seit März diesen Jahres bei Rochaya und ihrem Bruder Pape. Schlechte Wegführung? http://ioverlander.com/places/11940-camping-casamance-ziguinchor-senegal
Jürgen repariert. Ich mache Frühjahrsputz, bei 30°C im Schatten, im Dezember. Ive erhält Weihnachtsdeko. Nein, ich weine immer noch nicht, auch wenn es zunehmend schwerer fällt. Abends belohne ich mich mit Rochayas Küche – Jürgen darf mit essen – und Internet schmökern. Tauche ab in gute alte Zeiten. Stolpere zufällig über Reinhard Mey, weiß Gott keiner meiner Favoriten. 1988: Die Mauern meiner Zeit https://www.youtube.com/watch?v=JscyEdSUpQE und wundere mich! Kommentare sind nicht möglich, vom Autor abgelehnt bzw. zum Schutz von Minderjährigen!?: https://support.google.com/youtube/answer/9706180?hl=de Ich werde hellhörig. Sprich, ich lese, höre hin. Erkenne wie RM den Bezug zur Jetztzeit:
Um uns regiert der Wahnsinn, Und um uns steigt die Flut
Die Welt geht aus den Fugen, Und ich rede noch von Mut 
Wir irren in der Finsternis, Und doch ist da ein Licht 
Ein Widerschein von Menschlichkeit, Ich überseh‘ ihn nicht …
Ja, ich sprühe das Wort „Hoffnung“ auf die Mauern meiner Zeit, entzünde die 3. Kerze im Advent.
Auf dem Weg nach Kabrousse, Grenzort zu Guinea Bissau, treffen wir auf Anja und Jörg im Hippo, die zufällig heute auch in Ziguinchor waren und nun „nach Hause“ fahren. Wir hinterher – und landen wenige 100m entfernt von dem Platz, auf dem wir Mitte Juli standen. Schwerlich erkennen wir die Gegend wieder. Alles ist trocken, die Straßen eher Sand- als Schlammpisten, die Natur erscheint weniger grün. Dorf sowie Strand sind weitaus lebendiger. Trotz weiterhin ausbleibender Touristen. Und so nehmen wir diesmal den Sundowner zu viert in einer kleinen Strandbar, wundervoller Sonnenuntergang. Austausch von den Erlebnissen, Erfahrungen, sinnieren über die Möglichkeiten des weiteren Reisens… Morgen Abend gibt es Ente. Im Resto am Strand. Die Sonne scheint – garantiert!

02.12. – 08.12.2020 Von Ogo führt die N7 auf geradem Wege 245 Km zurück nach Tambacounda. Laut Karte Ganzjahres- und Allwetterpiste. Die ersten Kilometer sind breites, nerviges Wellblechband. Dann wird die N7 zum Feld- und Waldweg. 70 Km schaffen wir die ersten zwei Tage, 35 am dritten, 52 am vierten Tag. Eng stehende Bäume, dichtes Buschwerk. Immer öfter muss Jürgen den Weg freischneiden. Er arbeitet sich sägend vor, ich trödle mit Ive hinterher, Minouk irgendwie zwischendrin. Trockenflusstäler sind problemlos passierbar. Basaltblasen, manchmal versteckt im hohen Gras der Savanne, sind Überraschungseier der unangenehmen Sorte. Wir übernachten bei Namari, Mboun, Diorel Assana und Sambadian. Fahrzeuge? Nur nach dem Abzweig auf die N7 in Ogo sowie vor Tambacounda sehen wir Autos. Ansonsten hier und da Mopeds. Eselskarren. Menschen. In den Dörfern. Erstmals nehmen wir bei Fulbefrauen die mit Indigo gestochenen Lippentattoos war. Ein ungewöhnlicher Anblick für unsere Augen. Aber auch unglaubliches Erstaunen auf der anderen Seite! Lachen. Winken. Französisch wird kaum bzw. schlecht gesprochen. Es stört nicht, dass wir mit unserem Dickschiff zwischen Hütten, Hühnerpferchen und Latrinen den Weg durchs Dorf suchen – unterwegs auf der N7! Im Gegenteil. Wir sind der Event des Jahres. Doch meist sind wir Stunde um Stunde allein auf der Welt. Ohne Internet. Ohne sog. News. Über uns ein Sternenhimmel von atemberaubender Schönheit. Milchstraße. Sternschnuppen mit riesigem Schweif. Eiskalter Rosé. Wen stört da schon, dass Brot und frisches Gemüse seit zwei Tagen aus sind!? Der Mensch hat doch Tortillas, Honigbrot und Konserven erfunden! Gegen Mittag am Tag fünf erreichen wir Tambacounda: beeindruckt, müde und stolz! 245 Km haben wir uns durch den Wald gearbeitet. N7! Wir hatten viel weniger erwartet!
Einkaufen, netten Platz suchen, trotz schlechtem Internet Kontakt mit der Welt aufnehmen. Ach ja. Die Motorradabdeckplane hat einen Riss, der rechte vordere Radkasten ebenso und wir zahllose Schrammen. Dringend müssen die Botschaften Mauretaniens und Marokkos kontaktiert werden wegen Anfragen zur Passsage, denn Ende Januar läuft das Carnet de Passage aus. Spätestens dann ist in Senegal Schluss mit lustig. Also erwartet uns ein Arbeitstag. Ausruhen muss warten…

24.11. – 01.12.2020 Vergeblich halten wir in Madina Kenioto mehrfach nach Hippos Ausschau. Auf; über Tambacounda, dann die N1, ins senegalesische Dreiländereck mit Mali und Mauretanien. Laut Karte geteert. Doch mit jedem Kilometer gen Osten wird der Teer löchriger. Vermehrt Piste der schlechten Sorte. Umfahrungen wegen Straßenbau reihen sich aneinander und Staub! Feinsandpassagen kommen hinzu. Ich/M sehe kaum über die Frontscheibe hinaus. Blindflug. Wir sind nicht allein. Zahlreiche LKW, die meisten beladen mit Kraftstoff für Mali. Gegenverkehr, leer retour. Wir wissen: Ein jeder verbleibt bei einer Panne an Ort und Stelle, dort wird repariert. Will heißen: Zusätzlich zu den potentiellen Hindernissen havarierter Stahlkolosse könnten Menschen im dichten Staubnebel sein. Dabei passen gerade mal zwei LKW aneinander vorbei. Hinter uns drängeln die Tanklaster … Sind schneller als ich, haben nichts zu verlieren. Gewohnheit relativiert. Auch Gefahr. Für uns ein mulmiges Gefühl inmitten dieser explosiven Mischung.
Während wir uns so gen Osten arbeiten, kommen hunderte Militärfahrzeuge, Gendarmerie, Polizei, Feuerwehr, Ambulanz … mit voller Mannstärke besetzt entgegen. Sind uns etwa Dramen auf der Bühne der Weltpolitik entgangen? Jürgen googelt. Die Aufkleber auf den Fahrzeugen machen klar: Wir sind mitten drin in der Auflösung zum Vip-Day des Manoeuvre nationale Faleme 2020 vom 15. – 28.11.!
Bei aufkommender Dämmerung schlagen wir uns entlang der N1 in die Büsche. Die 200 Km zur Grenzstadt Kidira sind heute nicht zu schaffen. Im Vorratsschrank findet sich noch Ziegenkäse und Roquefort. Ein Salat aus Melone, Papaya, Gurke ist schnell gezaubert. Französischer Landwein, lauer Sommerabend – es könnte uns schlechter gehen!
Dann endlich Kidira, Grenzstadt am Falémé. Wir nehmen den Abzweig nach Norden auf die N2 nach Bakel, bleiben im Senegal. Der gleichnamige Fluss, aus Mali kommend, bildet nun die Grenze zu Mauretanien. Wird uns Wegbegleiter für ca. 200 Pistenkilometer sein. Wunderbare Savannenlandschaft, vereinzelt große Baobab, Baobabschakal im rosa Blütenkleid, die letzten Ausläufer des Fouta Djallon.
Bakel bietet mit dem Fort Faidherbe und dem verfallenden Palais René Caillié so etwas wie Geschichte aus dem 19. Jahrhundert. Ersterer französischer General, der Zweite französischer Afrikaforscher, erreichte als erster Europäer Timbuktu in Mali und, anders als Laings wenige Jahre zuvor, kam lebend wieder in Europa an, um über seine Erfahrungen zu berichten https://de.wikipedia.org/wiki/René_Caillié
Die R42 entlang des Senegal ist überwiegend schöne Piste durch ansprechende Gegend. Flaches Agrar- und Weideland wird immer wieder durch Seen und Tümpel mit blühenden Seerosen aufgelockert. In den Dörfern ändert sich das Menschenbild: Hier und da arabisch geprägte Züge. Antlitze, schwarz wie die Nacht, kommen hinzu. Vermehrt fallen Moscheen ins Auge, größer, gepflegter als zuvor. Traditionelle Kopfbedeckungen, lange Mäntel über ebensolchen Hosen. Grüßen und Winken bleiben. Wir nächtigen am Fluss bei Nganno. Gendarmerie wird auf uns aufmerksam. Erkundigt sich nach dem Befinden! Alles gut! Ohne Frage können wir bleiben. An der grünen Grenze zu Mauretanien, wo Pirogen die Menschen hin und her fahren. Freizügigkeit auf afrikanisch. Tags drauf finden wir bei Djewol Ouorgo sogar einen Nachtplatz mit Strand direkt am Senegal. Doch zum baden lädt der Fluss nicht ein.
Ach ja, wir sind neuerdings auch über Telegram erreichbar. Wieso? Meinen/M Lieblingsmathelehrer, –querulanten und Primärdatenjunkie in Sachen Corona haben sie mit seinen kritischen Videos von YouTube verbannt. Neben vielen anderen wie dem öffentlich rechtlichen ZDF https://www.zdnet.de/88390137/covid-19-youtube-sperrt-zahlreiche-videos-und-konten-von-regierungskritikern/ Zudem bestimmt Herr Spahn in D das Ranking von Antworten zu Google-Anfragen bezüglich C! Nun braucht es doch noch andere Kanäle!

17.11. – 23.11.2020 Dindefello, Hauptort der Fulbe in der Region Kedougou, verfügt über Grundschule, ein College mit rund 350 Schülern der Gegend, ist Stammsitz von Alphas Atelier und Restaurant. Nach Coronaschließung sind alle drei Schulen wieder offen, berichtet unser Guide Balla.
Wasserfälle, Quellen und Höhlen sind zahlreich entlang der Grenze zu Guinea Conakry. Bieten zusätzlich zum Besuch der traditionell lebenden Volksstämme Bédik und Bassari mit UNESCO Welterbestatus https://de.wikipedia.org/wiki/Bassari-Land touristischen Anreiz. Wir wählen den berühmtesten Ort bzw. Wasserfall für einen Besuch, erste Siedlung der Fulbe in der Gegend. Die Begleitung durch einen Guide ist obligatorisch. Entlang kühler Bäche führt ein Trampelpfad durch dichten grünen Mischwald. Am Wasserfall, der ganzjährig 115 m in die Tiefe stürzt, ist es so kalt, dass das Bad im Tümpel Überwindung kostet. Balla berichtet über Menschen, Tradition und Heilkunde. Rauch wilder Minze vertreibt Insekten. Gegen Zahnschmerzen, Erschöpfungszustände und Infekte sind Kraut und Baum gewachsen. Desinfektion findet häufig Anwendung: Bei Verletzungen bzw. nach der Beschneidung im Rahmen der Initiationszeremonie der Knaben, die fünfzehnjährig erste Schritte in die Welt der Männer tun. Beschneidung von Mädchen ist seit mehr als 10 Jahren verboten. Verstöße werden geahndet. Sagt Balla.
Am 19.11. erscheint unser Artikel Ein Jahr in Nord-West-Afrika – One year in North-West Africa auf dem Blog des 1Welt-Kreis Ruhla https://ecu1wk.wordpress.com/2020/11/19/ein-jahr-in-nord-west-afrika-one-year-in-north-west-africa/ Auch eine Art Résumée.
Grenzpolizei kontrolliert seit langem mal wieder die Reisepässe. Seit 26.02. im Land? Ja! Eingereist bei Diama? Ja und wegen Coronarestriktionen noch immer hier. Aha! Illegal? Ist jetzt auch egal – wo die Welt Kopf steht! Hoffentlich sieht man das irgendwann einmal bei der Ausreise genau so.
Der Weg über´s Iwol-Plateau, Kulturlandschaft der Bédik, nach Etiolo in die Bassariberge, vergesseneHinterland Senegals, Heimat des kleinen Volkes der Bassari, ist über Teer und gute Piste heute kein fahrerisches Abendteuer mehr. Fußläufig zur Grenze nach Guinea Conakry siedelt grenzüberschreitend eins der ältesten Völker des Landes. Eigene Sprache, ursprüngliche Religion, darüberhinaus Christen, Ackerbauern in einer Region, in der man ehemals Gold abbaute https://de.wikipedia.org/wiki/Bassari_(Volk). Geschäft nach dem Motto: schwarz arbeitet, weiß verdient. Wenig förderlich für ein harmonisches Leben. Trotzdem sind Weiße meist willkommen. Wie zuvor in Afia kommt man auch hier mit einheimischem Führer näher an die Menschen heran, darf ihre Höfe/Häuser besichtigen. So lagern wir für kleines Geld im Campement von Balingho (+221771468139), weitestgehend ohne Internet. Er organisiert eine Begleitung für den Dorfbesuch, Grundschule, College, Initiations- und Festplatz, willkommen im Bassariland. Wo die Frauen Fotos ablehnen und die Tochter des Bürgermeisters in Flipflops, Top und engem Wickelrock Motorrad fährt. Eine der größeren Maschinen im Dorf. Ihre zunächst eng am Kopf geflochtenen Zöpfe, mit zunehmender Länge gehalten von glitzernden silbernen Spangen, sind zugleich Kopfschmuck und Helm.
Es gibt je eine katholische und protestantische Kirche, keine Moschee. Mit Pastor Valérie kommen wir ins Gespräch. Vier Jahre arbeitet er in Etiolo, zuvor zwei in Dakar. Stärker können Kontraste kaum sein. Wir erzählen vom Reisen, dem Projekt in Ruanda. Corona ist nicht auszuklammern. Auch hier versiegte die wichtigste, eigentlich die einzige Einnahmequelle. Der Geistliche spricht von Gott und Teufel. Wir kommen an unsere Grenzen. Intellektuell, religiös und sprachlich. Abends sitzen wir bei Balingho im Kreis um die große Bol mit Nudeln, Kürbis, Hähnchen. Poulet a bicyclette, freilaufendes Huhn, bevor es im Topf endete. Wir geben eine Runde Bier aus. Versuchen Leben und Kultur der Bassari zu verstehen. Bleiben länger als geplant.
Bassari sind Mitglieder verschiedener Altersklassen, die alle am selben Tag „aufrücken“. Die drei wichtigsten sind die (der Jungs) von 11-15, 15-21 und 21-27 Jahren. Die Überschneidungen? Keine Ahnung. Da müsste jemand richtig französisch können. Alle Klassen haben ihre besonderen Zeremonien, die Zusammenhalt, Identität und Tradition dienen. Heute ist Tag der Honigzeremonie. Balingho lädt uns als Gäste ein. Der Meister der Sitten (Maître de Coutume) begibt sich dazu zum Haus des Ältesten, Ort der Zeremonie. Auch der Chef der Region von Etiolo ist anwesend, nicht mit dem Bürgermeister zu verwechseln. Nach und nach treffen neben Zuschauern die jungen Männer der dritten Klasse ein. Irgendwann einmal sind es genug, der Älteste beginnt: Wäscht in einer Kalebasse den Honig mit Wasser aus den Waben, die Jungmänner knien in einer Reihe nieder, werden von ihm mit dem Honigwasser bespuckt und dürfen nun wieder Honig essen, was ihnen ein Jahr zuvor der Meister der Sitten verboten hatte. Jeder von ihnen bringt fünf Liter Palmwein mit, der die Runde macht. Es wird lauter, lustiger. Nachzügler fernerer Gehöfte, Dörfer treffen ein, werden dem Ritual unterzogen. Erst nach Sonnenuntergang wird der Zeremonientag enden. Der Wein schon lange vorher. Sagt Balingho und lacht. (Anmerkung: evtl. inhaltliche Unstimmigkeiten sind auf Sprachunverständnis zurückzuführen, dürfen gerne korrigiert werden!)

08.11. – 16.11.2020 Was Neues sehen vom kleinen Senegal. Wie einen Teil der Flusslandschaft des Saloum bei der erneuten Fahrt in den den. Gleißend hell reflektieren Millionen Kristalle der weißen Salzebene das Licht. Zwischendrin Tümpel. Hell- bis tiefgrün. Seerosen strecken ihre weißen Köpfe ins Licht. Mit der Fähre übersetzen. Immer wieder spannend, was so alles auf eine Plattform mit Antrieb passt. Apropos Antrieb. Stammt von der Schiffswerft Schottel bei St. Goarshausen! Doch bevor Jürgen Ive auf den Kutter zirkelt, darf er noch den von mir eingefahrenen Plattfuß beheben. Wie, wo geschehen? Keine Ahnung. Die Flanke ist aufgerissen, bis zum Stahlgewebe. Luft entweicht – suboptimal.
Bei Passy Nacht am Pistenrand. Die Dorfbewohner freut´s. Grüßen, winken, lächeln. Weiter. Hunderte Kilometer bereits bekannte Strecke. Gambia erneut umfahren. Könnten jetzt nach Gambia einreisen, aber nicht wieder zurück in den Senegal. Nach dem Motto: Wie du mir, so ich dir! erlaubt Senegal Europäern keine touristische Einreise (http://www.botschaft-senegal.de vom 11.11., ein schlechter Scherz). So bleiben wir. Vorerst noch. In Tambacounda biegen wir diesmal nicht westlich in die Casamance ab, sondern nach Kedougou, südöstlichste Region des Landes. Im Länderdreieck Guinea Conakry, Mali, Senegal locken Wasserfälle und das Bassariland https://de.wikipedia.org/wiki/Bassari-Land Kurz vor der Stadt schickt uns das GPS auf eine Pistenumfahrung. Inmitten von Nichts außer Natur findet sich schnell ein wunderbarer Nachtplatz. Man muss auch mal Glück haben.
Üblicherweise hat der Senegal den Charakter von Flachland oder Tiefebene. Doch in der Region Kedougou bannt Berg- und Hügelland den Blick: Nepen-Diakha, Dindefello-Hochland, Iwol-Plateau sowie die Bassariberge. Die Gegend wurde verschiedenen Völkern Heimat, die vom 11. Jhdt. an einwanderten und bis heute stark mit der tradierten Lebensweise verbunden sind, auch wenn sie letztlich das Nomadentum aufgaben. Grenzüberschreitend siedeln sie. Ebenfalls jenseits der Landesgrenzen liegt das Fouta Djallonmassiv, das Wasserwerk Westafrikas. Ein Hochland, in dem Flüsse wie Senegal, Gambia, Nebenflüsse des Niger, der Rio Corubal u. a. mehr entspringen.
Die Campements in Kedougou-Stadt bieten nicht was wir suchen. So wählen wir die D 509 Richtung Dindefello zu den Wasserfällen. Pierre und Christine machen eine Woche Urlaub hier, sehen uns vorbeifahren, rufen an! Wir haben Zeit, verschieben den Wasserfallplan. Ihr Campement, Ausgangspunkt ihreTouren zu Wasserfällen und Bassari, von denen sie begeistert berichten, ist nicht LKW-tauglich. Doch auf dem IwolPlateau finden sich Plätze für eine gute Nacht. Unabhängig voneinander hatten wir entschieden, späterhin ein Campement am Gambia unweit der Grenze zu Guinea Conakry anzufahren. Dies machen wir nun gemeinsam. Im Tako Mayo www.takomayosenegal.com empfängt uns Alpha Diallo herzlich. Schön liegt seine Anlage am Hügel über dem Gambia. Sanftes Rauschen von Wasser und Blättern, wunderbare Musik. Doch dichtes Buschwerk lässt nur wenige Blicke auf den Fluss zu. Statt duschen baden im Fluss, eine Fahrt mit der Piroge, so kommen wir dem Gambia dann letztlich sehr nahe. Die Tage sind heiß, doch nachts kühlt es stark ab. Frische, fast kalte Luft spüren, in die Decken kuscheln. Die ersten kalten Füße melden sich. Gefühle, die wir fast vergessen hatten. Auch die Luftfeuchtigkeit ist stark gesunken. Haben eben diese Kälte und Trockenheit die kleine Fliege bewogen, mir/M ins warme, feuchte Ohr zu fliegen? Ein saudummes Gefühl, die Abwechslung von Stille und Brummen im Kopf. Licht lockt sie nicht heraus, sondern nur Scharen anderer Insekten Richtung Ohr. Jürgen flutet den Gehörgang mit Öl, das spült das Tierchen hinaus.
Angeschlossen an das Tako Mayo Campement ist ein Schneideratelier. 25 Mädchen und Frauen lernen hier das Handwerk. Ein Teil der Einnahmen aus dem Campement stellt Alpha zur Bezahlung des Lehrers sowie für Kost und Logie der Damen bereit. Zudem bringt der Verkauf der Arbeiten an Touristen ein wenig Geld ein. Bis Corona kam, Touristenströme versiegten, Atelier und Unterkunftsräume verwaisten. Die Familien müssen sie auffangen, das Wenige teilen. Doch Alpha kämpft für sein Projekt. Versucht mit Sponsorengeldern die Rückkehr der Schülerinnen im Januar zu ermöglichen. Und so zahlen auch wir gerne den für senegalesische Verhältnisse überzogenen Obolus für unseren Aufenthalt.
Ibra,
weitgehend arbeitsloser Führer aus dem Tako Mayo, gewährt uns Einblick in Lebensweise und Situation der Bewohner im nahen Dorf der Fulbe (Peul). Spürbar wird die Melange aus Zufriedenheit, Gott- und Selbstvertrauen, Hoffnung, aber auch bescheidenster, an Armut grenzende Existenz in der südöstlichsten Ecke des Senegal.
Auf dem Blog 1Welt-Kreis Ruhla https://ecu1wk.wordpress.com werden wir demnächst ein wenig über das Projekt berichten und ein kleines Résumée ziehen: Ein Jahr Afrika!
Ach ja, die alten Aufbaubatterien verkauften wir am Wegesrand. Vom Erlös wird der Reifen repariert, die zweite Führungsschiene für den Fensterheber geschweißt und Mark bezahlt, der uns zu geeigneten Werkstätten brachte.
Und in Dindefello gibt es vorübergehend mal wieder Internet!

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