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Zentralafrika
Kamerun > Republik Kongo, Cabinda > Angola 

Kurze Filme der Reiseroute (30.03.24)

Die Reiseroute:

Angola, mit Cabinda, 08.03. – 05.04. 2024
04.04.2024 Langsam tingeln wir die letzten 150 km bis zur angolanisch-namibischen Grenze. Auf einigen Abschnitten entlang der EN105 liegen Überreste des Krieges wie Panzer, Schwimmpanzer, Mannschaftswagen. Alle mahnen, nichts gelernt aus der Vergangenheit. Waffen jedweder Art führen millionenfach zu Tot, Verstümmelung an Körper und Psyche, Verarmung. Der Kreis der Profiteure hingegen ist überschaubar. Frieden braucht scharfe Gedanken, schlagende Worte und bestechend gerechtes Handeln.
Vorbei an letzten Tankstellen, wo Polizei die Reihenfolge des Kraftstofferwerbs regelt. Vor Banken stehen unzählige Menschen Schlange. Wer hier gewinnen und verlieren lanciert entzieht sich unserer Kenntnis.
Die Landschaft verändert sich. Savanne dominiert. Wasserlöcher sind besiedelt von Mensch und Tier; waschen, baden, trinken. Teils gigantische Baobabs strecken ihre Blattkronen den Wolken entgegen. In der Grenzstadt
Santa Clara ändert sich die Idylle: Beton, Asphalt, Anbieter zahlloser Dinge, auch solcher, die kaum ein Mensch braucht.

Mit der für morgen, 05.04.24, geplanten Einreise nach Namibia wird die lange Anfahrt entlang der Westküste Afrikas enden, wir erreichen die Zielregion der Reise, das südliche Afrika. Rund 18.000 km in wenig mehr als sechs Monaten, es war ein Höllenritt. 

30.03. – 03.04.2024 Noch immer stehen wir am Tundavala Gap. Fahren kurz Richtung Lubango zum Bloggen und für Ostertelefonate, finden keine schöne Stellplatzalternative, also retour, für die Ostertage, Fest der Auferstehung, verbunden mit dem Frühlingsvollmond und damit auch dem Beginn des Frühjahrs (für die Nordhalbkugler). Die letzte Nacht soll es sein, doch es kommt ganz anders. Sonntagabend werden wir mit einem bewaffneten Raubüberfall konfrontiert: Ein Einzelner, mit Automatikgewehr, das er auf uns richtet, verbunden mit der Forderung nach Geld. Jürgen antwortet lautstark no money. Festbeleuchtung an, schreien, toben, bellen. Eine UK-Reisegruppe, ca. 150m entfernt, hört und sieht, beobachtet aus der Ferne. Voller Angst fühle ich mich unendlich hilflos, wie Jürgen dem Angreifer gegenübersteht, aufs Dach klettert, tobt. Nach einigen Minuten, einer gefühlten Ewigkeit, zieht der Angreifer von dannen. Jürgen fährt Ive zur Reisegruppe, sie zu informieren und um `Schutz` in der Menge zu finden. Gemeinsam wird entschieden zu bleiben. Doch der Angreifer versucht es ein zweites Mal, diesmal beim Reiseleiter, der im Handgemenge leicht verletzt wird, ein Helfender aus der Gruppe ´verliert´ dabei sein Handy … Gemeinsam wird beschlossen, den Ort zu verlassen. Die UKs kennen einen Platz an der Statue Cristo Rei hoch über Lubango. Weit nach Mitternacht finden wir unruhigen Schlaf. Sowohl die Engländer als auch wir informieren die Polizei. Die besucht uns, nimmt sich Zeit. Wir bleiben noch, das Geschehene zu verdauen, die Situation und mögliche Fehler im Nachgang zu analysieren.
Die Ratio sagt: In Summe mehr als 10 Jahre im Outback geschlafen, zahlreiche sog. Krisengebiete auf vier Kontinenten besucht und erlebt, ohne Probleme. Alles eine Frage der Statistik. Das Gefühl sagt: Wäre nur schon wieder Morgen.
Ich schmökere in alter deutscher Literatur, stolpere über die Stufen, Auszug aus Das Glasperlenspiel von Hermann Hesse, dem ich 2016, beim Start ins Reiseleben, den Satzteil Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne widmete. Heute möchte ich ihn ergänzen:
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
Ich arbeite daran, den Zauber wiederzufinden, an der Heiterkeit, dem offenen Geist und vertraue darauf, dass mein Schutzengel künftig nicht unter Burnout leidet. Jürgen gefragt Hattest du keine Angst? antwortet er Keine Zeit, zu viel Stress und Wut!
Wir verabschieden uns vom Berg, kaufen ein und erwerben bei der Provinz-Veterinärklinik sicherheitshalber eine Transportbescheinigung für Minouks Einreise nach Namibia. Das dauert ewig. Stadtnah lässt man uns weder auf dem Flughafenparkplatz noch beim Flughafenhotel nächtigen. Zurück zur Christus Statue, keine Nachtwächter heute… Ein komisches Gefühl lässt uns aufbrechen. Beim nahen Militärlager finden wir Unterschlupf und nehmen tags drauf die letzten 500 km bis Namibia in Angriff. In Xangongo tanken wir Ive voll und bleiben gleich nebenan am Grünstreifen zur Nacht stehen. Schön ist anders!

25.03. – 29.03.2024 Unterwegs zur Provinz Huila-Plateau treffen wir erneut auf einen mehrheitlich schlechten, ca. 35 km langen Pistenabschnitt. Einige wenige Schlammdurchfahrten, doch es fällt kein Regen, und südlich von Caluquembe grillt Jürgen, ein kaltes Bier dazu!
Landwirtschaft entwickelt sich zunehmend weg vom Gartenbau hin zu größeren Flächen, in geringem Ausmaß gibt es Forst- und Viehwirtschaft. Hinter der Provinzhauptstadt Lubango geht die Hochebene in Gebirge über, die Serra da Lebo, deren Pass zu den sieben Naturwundern des Landes zählt. Der Mirador erlaubt einen traumhaften Panoramablick aufs Gebirge und die sich anschließende Tiefebene, 200 km westwärts zum Atlantik und zu den angolanischen Ausläufern der Namib führend. Auch Rita und Ronald aus Karlsruhe führt der Weg hierher. Aus dem kurzen ´Hallo´ am Supermarkt in der Stadt werden zwei unterhaltsame Tage. Vor zwei Jahren verschifften die beiden ihr mobiles Heim nach Südafrika, touren seitdem durch den Süden des Kontinents.
Nicht viel geschieht. Zeit, etwas über Angola zu berichten: 3,5 mal so groß wie Deutschland. Über die Situation der Bevölkerung gibt es seit der letzten Volkszählung in 2014 nur Hochrechnungen. Damals lebten etwa 26 Mio. Menschen im Land. Aufgrund der unsicheren Datenbasis verzichten wir auf weitere Zahlen. 1961 begann der Kampf um die Unabhängigkeit von Portugal, den 1975 Angola gewann, der im Ergebnis jedoch zu einem, bis ins 21. Jahrhundert andauernden, Bürgerkrieg zwischen den Parteien der Befreiungsbewegungen führte. Ethnische Unterschiede bargen nur untergeordnet Zündstoff für gesellschaftliche Differenzen. Nach den Wahlen im Jahr 1992 wurde José Eduardo dos Santos zum Gewinner bestimmt. Die autoritäre Präsidialdemokratie nutzte dieser zur persönlichen sowie zur Bereicherung seines Clans. 2017 wurde João Lourenço Präsident, der zumindest mit der Korruption seines Vorgängers aufzuräumen scheint , Milliardenvermögen des dos Santos Clans wurden eingefroren, Personen in Haft genommen.
Beobachter im Land schätzen die Rahmenbedingungen der Lebensumstände in Angola als potenziell gewalttätig ein. Von Interesse ist evtl. ein Blick auf die Terrorakte nach Ländern (2013 bis 2017) Deutschland: 131 Anschläge, 34 Tote, 178 Verletzte; Angola: 3 Anschläge, 1 Toter, 405 Verletzte. Ergo: Pauschalierungen sind schwierig, kaum zielführend.
Rohstoffseitig ist Angola ein reiches Land. Erdöl, Gold, Diamanten u.a.m.; mäßig entstehende Infrastruktur führt dazu, dass Mineralwasser nicht mehr überwiegend importiert werden muss und Bananen vom Import- zum Exportgut wurden. Die Amtssprache ist portugiesisch und wird, anders als andere Kolonialsprachen, vielfach auch `daheim` gesprochen. Fast alle Angolaner gehören einer christlichen Religionsgemeinschaft an. Naturreligionen spielen kaum eine Rolle. Islamisierungsbemühungen seitens Saudi Arabiens wurden 2013 vom Staat, als mit dem Christentum unvereinbar, abgelehnt.
Karfreitag, wir verlegen unser Mobilheim auf die 2200m hohe Ebene, in die sich das Tundavala Gap bis in die Tiefebene eingegraben hat. Ein Ehrfurcht gebietender Anblick von Naturgewalt! Gleich nebenan findet sich ein traumhafter Stellplatz. Manko: Kein Internet. Immer wieder Gewitter, Regen, Nebel doch auch Sonnenschein.

19.03. – 24.03.2024 Nach knapp sieben Stunden Fahrt, bereits 30 km vor dem Ziel kommt die Wand aus Wasser in den Blick, erreichen wir die Wasserfälle bei Kalandula. 105 m tief stürzt der zuvor gemächlich dahinfließende Lucala in die Tiefe. Ohrenbetäubendes Tosen, Gischt, ein imponierendes Spektakel. Auf 1000 m Höhe sind Temperaturen um die 25º C angenehm. Von frischer, klarer Luft nach langer Zeit des oftmals stickigen Dunstes, Hitze und extremer Luftfeuchtigkeit habe ich beim Verlassen des Krankenhauses geträumt. Wir gönnen uns zwei Nächte am Ort, kurze Spaziergänge, genießen mit Verspätung den Äquatorsekt im Abendglanz.
Am 21. soll ich nochmals zwecks Blutbild und Malariatest klinisch vorstellig werden meinten die Ärzte in Soyo. Die kleine Klinik im nahen Ort macht kein Blutbild, wir sollen 70 km weiter ostwärts nach Malanje ins General Hospital. Mein Körper sagt ´Mädel, es ist noch nicht alles top, mach das mal´. Im Hospital haben die Laborantinnen gegen 18:00 Uhr keine Lust mehr. Ich auch nicht – auf Diskussionen, verweise auf die Aussage am Eingang von 24/7. Ergänze, dass es nicht sein kann, dass die Klinik der 220.000 Einwohner zählenden Bezirkshauptstadt kein Blutbild und keinen Malariaschnelltest machen kann. Man, bzw. Frau bewegt sich. Blutabnahme, am nächsten Morgen Ergebnisse holen. Die zeigen: Recht gutes Blutbild, aber die Infektion ist noch aktiv und Medikation erforderlich, wenn es auch `nur` normale Malaria ist. Bezahlen muss ich ca. vier EUR für die Arznei, das ausführliche Arztgespräch und die Tests sind kostenfrei. Und trotz Ärztestreik für mehr Geld, der just heute beginnt und nur eine Notbesetzung vorhält, sind wir kaum zwei Stunden später wieder unterwegs.
Wir fahren übers angolanische Hochland nach Süden sowie langsam westwärts mit dem Ziel Namib. Kurz nach Cangandala wird die EN140 zur 72 km langen Piste. Regenzeit, Schlamm, tiefe Wasserdurchfahrten. Doch außer an den Rändern ist der Untergrund meist griffig und Ive hochbeinig. Ach ja, immer mal wieder kommen auf der schmalen Piste große LKW entgegen … Der Himmel hat erbarmen. Es regnet kaum. Wir treffen nur auf einen Sattelschlepper im Graben und ein, in den tiefen Wasserlöchern abgesoffenes, vollbepacktes Lastendreirad. Jürgen manövriert uns souverän bis nach Quindala. Hier finden wir so zeitig einen schönen Nachtplatz, dass noch Gelegenheit zum kurzen Abendspaziergang bleibt. Morgens, wir wollen gerade frühstücken, heißt es: Hallo! Jemand zu hause? Michael aus Saarbrücken, mit dem Motorrad unterwegs nach Kapstadt, steht vor der Tür. Frau, Kinder, Enkel sind in D. Von Kapstadt fliegt er retour nach hause, dann in die USA und nach China. Ein Jahr lang genießt er Auszeit! Leider habe ich beim parlieren völlig vergessen, ein Foto zu schießen von `Michel impossible`!
Unterwegs nach Huambo führt die Strecke durch wunderschöne Berglandschaft. Mehrere 2Tausender säumen den Weg. In den Ebenen wachsen immer wieder Monolithe in die Höhen. Die imposantesten, die schwarzen Felsen von Pungo Andongo, gehören zu den Naturwundern Angolas. Wie so oft im Land passieren wir auch hier unzählige Flüsse; kleine, große, unbekannten Namens. Doch auch an den großen Strömen Afrikas wie Kongo, Okavango, Sambesi, besitzt Angola Anteil. Seit wenigen Jahren muss auch kein Mineralwasser mehr im großen Stil importiert werden.
Am Palmsonntag tragen die Menschen
vielfach Palmzweige in Händen, sind auf dem Weg zur Kirche oder retour bestens gekleidet. Ein besonders kontrastreiches Bild zum ansonsten meist in dreckige, lumpige Kleidung gehüllten Volk.

14.03. – 18.03.2024 Marion ist wieder da und schreibt. Doch bevor wir erneut gemeinsam auf die Straße gehen, erlaubt mir ein paar Gedanken zum Krankenhausaufenthalt in Soyo: Jürgen lieferte mich am Sonntagmorgen den 10. März in der Clinica Sagrada Esperanza ab, kaum eine Stunde später lag ich, mit ersten Medikamenten intus, am Tropf und erhielt kurz darauf das Ergebnis der Blutanalyse, das eine kritische Malariasituation auswies und einen stationären Aufenthalt zwingend nahe legte. Verständlich wurde dies alles für mich durch einen Übersetzer portugiesisch > englisch, der zur Seite stand, wenn ich ihn brauchte. Die Klinik stellte alles: Zimmer für mich alleine, Nachtwäsche, Zahnbürste … Man kümmerte sich liebevoll um mich, medizinisch war ich anfangs nicht ganz in der Lage, dem äußerst komplexen medikamentösen Geschehen zu folgen. Später dann hätte ich das eine oder andere anders entschieden. Egal. Donnerstagnachmittag wurde ich entlassen, die Krise war überwunden, das zählt.
Während der langen Stunden im Krankenhaus, die Afrikaner haben übrigens doch Uhren und überwachten die Besuchszeiten, anders als die Medikationszeiten, minutengenau, las ich über Malaria. Spannend, warum
erwachsene Afrikaner oft weniger kritisch auf die Infektion reagieren als Europäer. Jahrtausende lange Anpassung an den Parasiten selektionierten z. B. genetische Defekte heraus, die sich negativ auf den Parasiten auswirken und dem Menschen nur bedingt schaden. Die Ernährungsgewohnheiten, wie die Aufnahme von oftmals Blausäureresten enthaltenen Pflanzen, etwa Maniok, wirken sich ebenfalls negativ auf den Parasitenstoffwechsel aus. Und wiederholte Infektionen führen im Laufe des Lebens zu einer gewissen Immunisierung.
Jahrzehntelange Forschung scheint wohl in jüngster Zeit endlich zu einem Impfstoff geführt zu haben, der die Wahrscheinlichkeit für kritische Verläufe deutlich reduziert. Und die treten eben insbesondere bei Kleinkindern auf,
bis hin zum oftmaligen Tod der kleinen Patienten. Vor einigen Monaten starteten einige afrikanische Staaten entsprechend ein Impfprogramm für die Kleinsten. Hoffen wir, dass es hält, was es verspricht und der Impfstoff dann auch irgendwann für die Größeren verfügbar wird.
In den zahlreichen Stunden
zog auch unsere Reise an mir vorüber. Ich musste feststellen, dass ich mich nur an negative Dinge erinnerte: Der Putsch in Bissau. Die Explosion des Treibstoffdepots in Conakry. Die Anschuldigung der Spionage im Konsulat der Republik Kongo aufgrund des Besitzes eines zweiten Reisepasses und Kopftuchvisum für Iran. Der LKW-Defekt auf der sog. Entführungsmeile in Nigeria. Jürgens blutige, von Schüttelfrost begleitete Blasenentzündung vor der Piste Nigeria/Kamerun. Die Verweigerung der Visa für die Demokratische Republik Kongo in Yaoundé. Die Verweigerung der Einreise nach Gabun, trotz Visa. Der kaputte Kraftstoffschlauch in der Metropole Pointe Noire während der Rush Hour. Der Schiffskrimi: fährt, fährt nicht – bis zum Schluss! Hat dieser Druck, bzw. das Zulassen der Ereignisse als schlechter Stress, mein Immunsystem ´abgeschossen´? Erleben andere ähnliches, nehmen sie es nur leichter? Schaue ich jedenfalls auf meine Energiereserven, sehe ich, dass sie aufgeladen werden müssen.
Und so fahren wir am Atlantik entlang über
Mussera nach Baia do Dande. Das Campement in der Bucht nebst Restaurant, das OsmAnd ausweist, gibt es nicht. Aber einen schattigen Stellplatz unter Palmen. Häufig weht eine frische Brise vom Meer, nette, ruhige Menschen winken, das Umfeld ist halbwegs sauber. Wir haben genügend Vorräte und verbringen noch Minouks Geburtstag am Strandplatz. Bei der Abfahrt hat sich auch das Problem mit dem Berg Schmutzwäsche gelöst! Ja, auch das ist Afrika.
Richtung Luanda, Diesel für 0,15 ct./l tanken, 150 l Wasser kostenfrei dazu, Einkauf im Supermarkt, nah ja, geht so. Dann richten wir unsere Wege auf die 350 km entfernten Wasserfälle von Kalandula aus, mit die größten Afrikas und völlig unbekannt. Wir sind gespannt. In Maria Teresa kommen Schweinekoteletts auf den Grill, frisches Baguette, Möhren-Papayasalat … Morgen ist auch noch ein Tag!

Republik Kongo, Cabinda und ein wenig Angola 03.03. – 13.03.2024
07.03.-13.03.2024 Jürgen schreibt: Am nächsten Tag geht das Rennen zur Fähre weiter. Die Straße, bisher mehrspurig und ohne Kurven, führt jetzt durch die Berge. Steigungen und Gefälle wechseln sich ab, der Schwerverkehr wird zur Bremse. Im Prinzip hat die Straße 2×2 Spuren, überholen sollte also keine Problem sein, aber die Trucker im Kongo sind der Meinung, die Mittellinie gehört zwischen die Räder, und das in beide Fahrtrichtungen. Das führt immer wieder zu brenzligen Situationen. Wie auch immer, wir erreichen Pointe Noire, die letzte Stadt im Kongo, am späten Nachmittag, alles im grünen Bereich, nun noch einkaufen. Dann staut sich der Verkehr vier km vor dem angepeilten Supermarkt. Die Geschwindigkeit geht gegen Null. Wir stehen über fünf Minuten, ich schalte den Motor aus, dann geht es weiter, Motor an! Aber der will nicht, dreht freudig elektrisch durch den Anlasser betrieben, aber er nimmt das ‚Verbrenneraus‘ wörtlich. Blick auf die Tankanzeige, noch etwa 1/3 im Tank, an sich genug. Trotzdem, wir füllen 20 Liter Reservekanister nach. Alles im afrikanischen Getümmel. Bringt aber nix, Blick unter den LKW, überall Dieselflecken. Von uns! Diagnose: Kraftstoffleitung defekt. Im hauseigenen Ersatzteillager finden sich drei Meter Kraftstoffleitung, also frisch ans Werk und neue Leitung einziehen. Einzelheiten erspare ich, nach einer guten Stunde und intensivem Entlüften nimmt IVE das ‚Verbrenneraus‘ zurück und schnurrt wieder wie es sich gehört. Inzwischen dunkel geworden geht es zum Supermarkt, den es, wie in OsmAnd beschrieben, in der Realität nicht gibt. Marion muss drei Geschäfte durchforsten, während ich in der Zwischenzeit versuche, den gröbsten Schmutz von der Haut zu bekommen. Als Marion zurück kommt,, ist sie sichtlich fertig. Ist ja auch nicht verwunderlich, nach all dem Stress, denke ich. So fahren wir weiter Richtung Grenze Angola und stoppen auf dem Gelände einer Kirche in Djeno. Freundlich gibt man uns die Erlaubnis zu nächtigen. Am nächsten Morgen geht es Marion noch schlechter. Malaria? Die Symptome passen. Himmlische Fügung, oder was auch immer, gegenüber der Kirche ist eine Art Polyklinik, wir lassen einen Schnelltest machen, positiv. Auch die passenden Medikamente gibt es gleich dort, alles bestens. Wir fahren weiter zu Grenze. Hier noch eine böse Überraschung, unser CdP gilt nicht in Angola, hätte man aber auch vorher lesen können. Zum Glück gibt es für kleines Geld ein Zollpapier, das uns die Weiterreise ermöglicht und so sind wir zum ersten Mal seit langer Zeit ohne ein Visum, nur mit dem Reisepass in ein Land eingereist, in die angolanische Exklave Cabinda, eingerahmt von den Kongos.
Nur noch 100 km sind es von der Grenze bis Cabinda-Stadt, das sollte zu schaffen sein. Die Straße weist zwar Schwächen auf, ist aber im Großen und Ganzen in Ordnung. Am späten Nachmittag, nach einigem Hin und Her, kommen wir auf den Hafenparkplatz und finden nach kurzer Zeit den uns genannten Mitarbeiter der örtlichen Fährgesellschaft: Das Schiff fährt heute nicht, er habe jetzt Feierabend und ich solle am nächsten Morgen um 8:00 Uhr zum Büro kommen. An sich gar nicht so schlimm, wir haben einen netten Platz mit Blick über das Meer, nehmen Tisch und Stühle raus, genießen die Aussicht und unseren Sundowner. Marion geht es augenscheinlich besser.
Am nächsten Morgen dann um 8:00 Uhr zum Büro. Kein Mitarbeiter kommt, selbst bis 9:00 Uhr nicht und das Schiff soll um 12:05 Uhr fahren. Ich werde langsam nervös, habe keine SIM-Karte für mein Telefon und kann somit auch nicht mit den Mitarbeitern der Fährgesellschaft in Luanda telefonieren. Wie auch immer, ich werde immer penetranter, irgendwann gibt mir jemand sein Handy, ich telefoniere mit meinem Ansprechpartner bei der Gesellschaft in der Hauptstadt. Nun ja, mein örtlicher Ansprechpartner von gestern ist krank, aber es wird der Handybesitzer dazu vergattert, alles in seiner Macht stehende zu tun, damit ich noch auf die Fähre komme, mittlerweile ist es nach 10:00 Uhr. Der Mann macht sich ans Werk und siehe da, nach einer weiteren Stunde bekomme ich jede Menge Papiere und eine Rechnung, die ich bezahlen soll. Der Betrag deckt sich in etwa mit dem Angebot, ist also ok. Es sind alles in allem etwa 1.300 Euro. Zahle ich mit VISA-Karte! Geht nicht, nur Angola VISA wird akzeptiert. Okay, zahle ich in Euro! Geht nicht, nur Kwanza werden akzeptiert. Man muss wissen, 1 Kwanza entsprecht 0,0011 Euro, also 1.181.818,00 Kwanza. Getauscht wird nicht auf der Bank, sondern bei irgendwelchen Straßenhändlern. Ich spurte los in Richtung Downtown, ein tropischer Regen setzt ein, klar wir sind schließlich in den Tropen. Mein Handy/GPS zeigt nur noch Fahrkarten an, es ist zwar wasserfest (ein CAT) aber bedienen kann man es unter Wasser nicht. Ich finde trotz allem einen tauschwilligen Angolaner, der wie hier so üblich, von mindestens fünf weiteren Kumpeln umgeben ist, was nicht bedeutet, dass sich die Fremdsprachenkenntnisse vermehren, denn Null mal Null bleibt eben immer noch Null. Wie auch immer, der Kurs ist akzeptabel und jetzt muss gezählt werden. Für den Angolaner recht einfach, 1.300 Euro in entsprechend großen Noten ist nicht viel. Ich hingegen hab meist 2.000 Kwanzen-Scheine, also um die 590 Scheine, ok ein paar 10.000 waren auch dabei, aber es waren schon 500 Scheine. Das alles nass bis auf die Haut und ein Schiff das wartet.
Danach wieder zurück, ohne Navi, Hafen gefunden, Rechnung gezahlt und warten. Ich glaube so gegen 15:00 legt die Fähre ab. Es ist uns gelungen, die Demokratische Republik Kongo zu umschiffen. Keine Visagebühren, keine horrende Straßenmaut, keine Brückenmaut bei Matadi, kein weiterer Grenzübertritt mit seinen Imponderablen. Das ist es uns wert.
Marion bekommt von der Fahrt entlang des Kongodeltas nichts mit. Ihr geht es schlecht, die Malariasymptome haben sich wieder verstärkt. Wir bekommen langsam Sorge. Als das Schiff am Abend in Soyo anlegt, denken wir darüber nach, ein Krankenhaus aufzusuchen. Aber, wir kommen nicht vom Schiff. Hinter uns stehen Container, die nicht entladen werden können, da der Kran kaputt ist. Was aber sehr wohl geht, sind die Einreiseformalitäten, wir reisen schließlich von Angola nach Angola. Manchmal sind sie schon eigenartig die Afrikaner.
Ich gehe in den Hafen, informiere mich darüber, wo ein Krankenhaus ist und entwickle Plan B, der darin besteht, dass wir das Schiff zu Fuß verlassen und ein Taxi zum Krankenhaus nehmen, falls erforderlich. Zum Glück überstehen wir die Nacht, und oh Wunder, am nächsten Morgen gegen 8:00 Uhr werden die Container entladen und wir fahren an Land. Noch rasch die Hafengebühren bezahlen, dann öffnet sich der Schlagbaum und wir sind in Angola Mainland. Von dort aus dann gut einen Kilometer bis zum Krankenhaus und Marion wird, sichtlich erschöpft, ärztlich untersucht. Ergebnis: Kritische Malariasituation, stationäre Aufnahme erforderlich, mindestens drei Tage. Derweil campe ich mit Minouk vor dem Krankenhaus.


03.03. – 06.03.2024 Nachts regnet es. Wir frühstücken in klarer, kühler Luft. Der Urwald erstrahlt in sattem, frischem Grün. Lichtgelb bis hin zu fast schwarz reicht die Palette. Je nach Oberflächenstruktur reflektieren die Blätter die Sonnenstrahlen zu einem Lichtspektakel. Doch wir müssen aufbrechen zur Einreise in die Republik Kongo, so hoffen wir. Die große Grenzstation, vom Schwerlasterparkplatz bis hin zum Veterinärgebäude, ist menschenleer. Weiter. Wir sind im Kongo. Keine Grenzkontrollen, haben wir was übersehen? Mir wird mulmig. Endlich, ich möchte schon fast umkehren, sehen wir in Ntam die Bretterbuden Immi- Emigration und Douane. 1,5 Stunden später ist es geschafft. Jürgen betet ein ´Vater unser´. Drei Polizeistationen, Zoll, Hygieneposten wegen Minouk, wir haben eine SIM-Karte, Internet wie bereits zuvor entlang der langen Grenze zu Kamerun nicht. Der erste Ort in der Republik, der uns auffällt, heißt Je t´aime l´amour! Bald drauf durchfahren wir Paris. Ostwärts, fast bis an die Zentralafrikanische Republik, dann drehen wir südwärts, übernachten bei Attention. Durch den Odzala-Kokoua National Park führt weiterhin beste Teerstraße, entsprechend genießen wir die Natur ohne Wegewidrigkeiten in vollen Zügen.
Die Temperaturen sind noch moderat, steigen kaum deutlich über 30º C, nur die Schwüle nimmt extrem zu. Gegen Mittag überfahren wir dann endgültig den Äquator, der nicht nur die Erde in Nord- und Südhalbkugel teilt, sondern auch Afrika in zwei Teile zu trennen scheint. Mit sechs Staaten, Gabun, die Kongos, Uganda, Kenia, Somalia, von den Inseln abgesehen, hat der Kontinent die meisten Anrainer. Anders als der von Menschen willkürlich festgelegte Nullmeridian, der über West und Ost entscheidet, besitzt der Äquator geophysikalische Auswirkungen. Tag und Nacht sind immer gleich lang, es gibt keine Jahreszeiten, die Sonne brennt mittags senkrecht auf die Erde, die Entfernung zum Erdmittelpunkt ist am größten, die Gravitationskraft also geringer und alles wiegt deshalb etwas weniger; die Windströmungen ändern sich… Kurz anhalten in Makua, wo die Ortsverwaltung auf dem Äquator steht, Fotos machen. Weiter, zu schwül und zu heiß ist es, für einen längeren Aufenthalt. In Owando feiern wir mit Wildschweinhaxe, Pommes und eiskaltem Bier den Äquatorübertritt auf dem großen, schattigen Gelände der Kathedrale. Und glauben, wir haben den Visumdschungel bezwungen.
Weiter südlich, nahe Brazzaville, steht einige Tage relaxen in einem Campement auf dem Plan. Entspannt sind wir unterwegs – bis Jürgen die Mail der Fähragentur liest: Dear Jürgen, Schiff kaputt, keine Verbindung Cabinda/Angola > Luanda/Angola! Bis zum 1. Juli! Sch…, und nun? Landweg bedeutet durch die DRC, irgendwie die Visa besorgen, Dschungelpisten in der Regenzeit befahren. Oder aussitzen in RC, die Visa reichen bis zum 30. Mai, 30 Tage Angola, reicht nicht! Wir stecken den Kopf in den Sand und bewundern die schöne Republik Kongo, die uns von Anfang an überrascht. Entlang der Grenze Kameruns Richtung Zentralafrikanische Republik bereits beste Straßen. Die Dörfer sind sauber, oftmals mittels kleiner Anpflanzungen vom Verkehrsweg getrennt. Bambus- und Lehm, einfaches Holz sind die Baumaterialien. Hartes, rotbraunes Tropenholz ist exotischer Exportartikel. Entlang der RN2 durchfahren wir immer wieder kleinere Städte, wie Owando oder Oyo. Sind wiederum überrascht: Teils schöne Architektur, manchmal sogar in gutem Zustand. Die Landschaft ändert sich. Wunderbares Hügelland. Dichter Regenwald, in dem sich der Blick verfängt, weicht mehr und mehr Savanne, Sicht bis zum Horizont. Große Rinderfarmen erinnern an High Chaparral oder Shiloh Ranch. Irgendwo entlang der RN2 biegen wir ab zur Nacht. Mein Gefühl, in Brazzaville Visa für DRC zu beantragen, ist kein gutes. Warten bis Pointe Noire und den Honorarkonsul aufsuchen? Der stellte Ende Dezember Deutschen Visa aus. Ihn anrufen? Kopfkino läuft ab, untermalt von tropischem Gewitter mit entsprechendem Regen.
Kurz bevor wir Richtung Campement abbiegen, kommt eine E-Mail: Dear Jürgen, ein Schiff wird kommen. Noch ist es in Luanda, fährt aber übermorgen von Cabinda nach Luanda zurück! ??? Schaffen wir das? Klar! Das sind ja nur knapp 1000 km. Ein Versuch ist es wert angesichts der sog. Alternativen! Also: kein Campement, nicht nach Brazzaville, rauf auf die autobahnähnlich ausgebaute RN1, sau teuere Maut zahlen! Kurz hinter
Mantari biegen wir ab und stehen nach einem km mitten in einer Lehmhüttensiedlung, die von der Straße nicht zu sehen war! Dürfen wir bleiben? Klar, kein Problem. Während das Dorf in der Schwärze der Nacht versinkt, beleuchten wir die Szenerie wie Außerirdische.

Kamerun 15.02. – 02.03.2024
27.02. – 02.03.2024 Luxus in Kamerun: In Nkolandom liegt eine schöne, professionell geführte Feriensiedlung, die sich nicht nur optisch in´s Dorfleben integriert. Ein Zimmer oder Chalet brauchen wir nicht, nur parken und Schwimmbad, Restaurant und Ölmühle besuchen möchten wir. Parken kostet knapp 30 EUR/Nacht, abzüglich Kurtaxe von fünf EUR/Nacht. Auch wenn die Einrichtungen sowie die Parklandschaft locken, beteiligen wir uns nicht an der Finanzierung der Anlage. Denn da stimmt was nicht – mit der Integration ins Dorfleben! Im nahen Asso´osseng finden wir bei Pastor Ndoum Agrippa und seiner Familie Asyl auf dem Gelände der Presbyterkirche, denn der Wald ist leider zu dicht für Ive. Über die Deutsche Straße gehts am Denkmal für Egon, dem Ortsvorsteher, vorbei. Die Deutschen haben was getan fürs Land. Sie bauten Straßen, Häuser, Kirchen. Alle die danach kamen beuteten nur aus, so ein junger Fremdenführer, der seine Deutschkenntnisse leider weitgehend vergessen hat.
Ebenfalls zum Luxusartikel gerät Ein Glas Wasser®. Wir brauchen dringend viele Gläser für die Tanks. Zwei Brunnen außerhalb von Ansiedlungen sind verschlossen. Im Dorf Nr. 1 sind 300 l zu viel. Am Dorfbrunnen Nr. 2 wird die Nutzung zum Zankapfel zwischen Männern und Frauen. Die Männer siegen, wir verlieren trotzdem. Denn die Pumpe schafft den Hub in die Tanks nicht. Unsere Pumpanlage will Jürgen nicht aufbauen, die Damen veranstalten andauerndes, nerviges Zeter und Mordio, gewinnen also schließlich im Kampf ums Wasser. Tankstelle: 150 l Diesel für 1,30 EUR/l fassen, Standardpreis im Land. Wasser? Ja klar, 1,5 l-Flasche für ein Euro, man helfe uns auch, sie in den Tank umzufüllen. ??? Da hinten ist doch ein Wasserkran! Ach ja, ok. Das ist billiger. Unsere Preisfrage ist nicht konsequent genug, wir tanken 300 l und im Anschluss will man 45 EUR. Na, so nicht. Wer vorher kein konkretes Angebot macht, kann hinterher keinen Wucherpreis verlangen. Mit 15 EUR zahle ich den nach längerer Diskussion im Ergebnis trotzdem. Begleiterscheinungen kamerunischer ´Preispolitik´: Europa, die Welt, nutzt Afrika noch immer aus, warum sollten die Afrikaner es besser machen? Weil leider schlechtes Wirtschaftsmanagement auch die eigene Bevölkerung, insbesondere die ärmeren Schichten, trifft und die Schere zwischen arm und reich wächst. Aus hohen Kraftstoffpreisen resultieren hohe Kosten u. a. auch für Agrarprodukte, auch die der kleinen Bauern. An den zahlreichen Kontrollposten, wo meist unsere Papiere kontrolliert werden, bettelt man oft um ein Zubrot. Nach Geschenken bzw. Geld wird gefragt. Wir sind weder Geschenkartikelladen noch Bank, haben nur ein Lächeln und gute Wünsche – man akzeptiert, mal mehr oder weniger lächelnd!

Hoffen wir, dass unser erstes kleinunternehmerische Projekt in Ruanda, das nun startet, ein stückweit in eine bessere Richtung geht: Hilfe zur Selbsthilfe in der Heimat.

In Abang Minko´o gibts, wie befürchtet, Stress bei der Ausreise. Kein Einreisestempel, kein Ausreisestempel. Ja, verständlich, aber was sollen Touristen machen, wenn die Immigration nicht stempelt weil es unnötig sei? Schulterzucken. Und: Die Grenze, die wir zwischen Nigeria und Kamerun genommen hätten, sei inoffiziell. Ah ha! Warum lässt man dann die Touristen nicht den einfachen Weg im Süden bei Ikom/Ekok nehmen? Weil die dort überfallen und evtl. erschossen würden. Touristen müssen durch die Berge und wir seien ja schließlich lebend hier angekommen! Na prima! Aber lebendig angekommen wollen wir nun auch weiter. Als `Beleg` für das Einreisedatum verweisen wir auf das gestempelte Carnet. Nach einiger Diskussion stempelt man die Pässe, merkt jedoch an, dass die Gabuner uns nicht einreisen lassen würden. Man faselt was von Militärregime, DRKongo, das die Einreise verweigert. Wir haben Visa und alle sonstigen Papiere, DRK wollen wir umschiffen … Die Grenze zu Gabun schließt um 18:00 Uhr. Wir bleiben zuvor auf einem Parkplatz stehen, hoffen das Beste. Es regnet. Minouk pinkelt ins Bett. Eine fast schlaflose Nacht, Kopfkino. Behält der Grenzer recht?
Ja. Trotz Visa, aller erforderlichen Unterlagen und stundenlanger Diskussion wird uns die Einreise nach Gabun verweigert. Nur per Flug ist diese touristisch erlaubt. Im Moment! Wie lange der dauert? Keine Ahnung. Zum zweiten Mal innerhalb von fünf Monaten geschieht es. Keine Albert Schweitzer Klinik nebst Museum in Lambaréné, vieles nicht, mit dem Gabun um Touristen wirbt. Selbstfahrer: Verzichtet auf Gabun, zu unzuverlässig ist das Militärregime! Der Versuch lohnt den hohen Aufwand nicht. Ich recherchiere soweit ich Netz habe: Das Auswärtige Amt weiß nichts. Dies haben wir bereits zu Zeiten maskuliner Außenpolitik erfahren. Ach, Moment, die Außenpolitik! Femininum! Dies zu verstehen fehlen mir Intelligenz und Erfahrung, 30 Jahre beruflich im politischen Umfeld tätig reichen nicht! Bei ´bacosystem.de/bayern´ weiß man mehr. Ich bleibe beim reisen, sehen, beschreiben, verstehen (?) und bloggen.
Folgt uns zurück zur Grenze nach Kamerun. Die Grenzer sind die Umkehr der Touristen gewohnt, sagten es ja gleich. Ausreise ungültig stempeln, das Carnet erneut ein. Sie merken an, dass wir immer noch keine gültige Einreise nach Kamerun, s. zuvor, hätten und die Kongolesen könnten das bemängeln. Na super! 150 km retour, bis Doungou an der N17A, Abzweig Richtung Osten zur Grenze Kamerun – Republik Kongo, Zebntralafrikanische Republik. Insgesamt knapp 600 km in die falsche Richtung, ein wenig nach Norden, weit nach Osten. Ungewissheit! Afrika, du raubst mir den letzten Nerv, meinen Mut und meine Kraft. Ich habe Sehnsucht nach Reisen.
Auf besten Straßen geben wir tags drauf Gas und stehen abends im Grenzbereich Kamerun / Republik Kongo in Ntam. Zügig, freundlich, interessiert erfolgt kurz vor Feierabend die erneute Ausreise aus Kamerun, ohne jedwede Diskussion oder Kommentare.
Kamerun, ein unglaublich schönes Land,
soweit wir es bereisen. Sauber, Straßengräben weitgehend ohne Müll, Wäsche flattert auf Leinen im Wind, statt auf dem Weg zu trocknen. Kleine Motorräder sind Fortbewegungs- und Transportmittel schlechthin. Fünf Personen, wenn Kinder mitfahren noch mehr. Särge und dreiteilige Couchgarnitur? Kein Problem! Als bekennender Fleischesser ist mir dann doch das Angebot am Straßenrand zuwider: Schlange, Waran, Affe… auch Hunde stünden auf dem Speiseplan, so höre ich. Traurig um diejenigen, die uns freundlich und hilfsbereit gegenüber treten, überwiegt aktuell noch der Eindruck: Ständige Kontrollen, betteln um Geld, Geschenke, Alkohol vor allem seitens derer, die in Lohn und Brot stehen. Mehrfach legt man es darauf an, uns kräftig übers Ohr zu hauen. Um kleine Beträge, z. B. angeblich mangels Wechselgeld, versucht man es nahezu täglich. Extrem teuer, nicht nur, wenn man Käse, Wurst und Wein kaufen möchte. Auch Kraftstoff kostet 1,30 EUR, das macht alles Weitere recht kostspielig.
Wie wird es morgen für uns weitergehen?

22.02. – 26.02.2024 Zwei Tage verbringen wir Stunde um Stunde in der Botschaft der Demokratischen Republik Kongo (DRK). Man stellt keine Visa mehr für Touristen aus. Eine Anfrage an den Botschafter sollen wir schreiben, er wird antworten. Dossiers erstellen, warten, Gespräch mit dem Ministre conseiller, rechte Hand des Botschafters. Keine Visa! Angeblicher Grund: Der Krieg im Osten der Republik mit den Rebellen. Zu gefährlich für Touristen. Wir sollen es in Brazaville (Hauptstadt der Republik Kongo) versuchen. Quadratur des Blödsinns? Wir wollen die DRK im äußersten Westen, ca. 2000 km entfernt vom Aufstand, passieren. Würden wir wegen der Visa nach Brazaville fahren, wäre der weitere Weg, mit der Fähre nach Kinshasa in die DRK überzusetzen. Das ist einerseits weiter östlich und andererseits ist es in der Hauptstadt aktuell sehr unbehaglich: Aufstände, Überfälle, Demonstrationen. Wir verlassen Yaoundé ohne Visa, arbeiten an Alternativen. Doch zuvor gönnen wir uns eine Fahrt durch die Metropole. Jonas kutschiert uns, entspannt, empathisch, unaufdringlich. Während der Tour durch die ansprechende Stadt, die das Attribut Capital verdient, und wir Parks, Gebäude sowie Kirchen bewundern, frage ich nach der no go Area. Da wo die Moslems wohnen, sagt Jonas und berichtet von den Problemen mit ihnen in Kamerun. Sie können den arabisch geschriebenen Koran zumeist nicht lesen, lassen sich von Extremisten in die Irre leiten, so seine Meinung. In ihr Viertel der Hauptstadt traut sich die Polizei nicht mehr hinein, erfährt bei Eingriffen auch keine Rückendeckung von der Regierung. Kommt uns das irgendwie bekannt vor? Nach der Tour gönnen wir uns im Hotelcafé sündhaft kalorischen Schokokuchen und Milchkaffee, das ölt die Seelen. Am Nachbartisch taucht ein Weißer Obststücke in flüssige Schokolade. Er spricht uns an. Aus Berlin kommt er, lebt seit zwei Jahren in Kamerun, weil er es in Deutschland nicht mehr aushielt. Ein Intellektueller, Flüchtling, der Asyl fand in Afrika.
Zurück zu Ive. Unser Wäscheservice kommt. Jedes Teil, 55 insgesamt, ist einzeln in Plastikfolie eingeschweißt, vakuumiert. Auch das Hundebetttuch. Vom Bügeln konnte ich den Meister seines Faches bei Abholung der Schmutzwäsche noch abhalten. 20 EUR kostet der mir so völlig neue Service.
Im französischen Supermarkt wird der Einkauf zum Schockerlebnis. Vier Küchenrollen neun EUR, 250 g Butter zwischen fünf und sechs, Billigkäse (à la Gouda, Emmentaler, Edamer) 30 – 50 EUR/kg, Mittelklassewein 15 bis 20 EUR/Flasche. Für den Durchschnittskameruner unerschwinglich. UNICEF, GiZ, KfW, Diplomatie tummelt sich wohl hier. Wir verzichten weitgehend, kaufen lokale Produkte, also kein Käse, keine Wurstwaren, kein Wein...
20 km weiter südlich, beim Flughafen, liegt
Nsimalen mit der Kirche St. Pierre-Paul Parish und dem Marienheiligtum. Ein Refugium der Ruhe im Grünen, Flugverkehr herrscht selten. Gerne erlaubt uns das Oberhaupt zu übernachten, spricht wenige Brocken deutsch, schließlich haben Deutsche seine Kirche bezahlt und von Hand gebaut, die Ziegel selber hergestellt. Zur Führung nebst Fotos, einschließlich des Erklimmens des Glockenstuhls, trägt er eigens Sutane und Hut. Wir bedanken uns für kostenfreie Übernachtung und Besichtigung mit der Musik von Jackson sowie einer kleinen Spende.
Am Nyong liegt Ebogo, ein kleines Nest im Urwald ca. zehn km abseits der Hauptstraße mit der Site touristique. Grandios liegt der Platz über dem träge dahinfließenden Fluss. Baumhäusern gleich gruppieren sich Appartements in den Dschungel. Wir müssen dringend duschen und mieten das billigste, da wir ´zuhause´ schlafen wollen. Gute Entscheidung. Lieblos dargeboten, ungepflegt, baufällig sind die Wohnungen. Dusche: eine Tonne mit Wasser, eine Kanne und eine Duschtasse inmitten von Dreck und Zerstörung. Wasser für die WC-Spülung? S. Dusche; himmelschreiend, der Niedergang dieses Kleinods im Wald. Das Restaurant soll gut sein. Da wir noch Reste haben, bestellen wir als Sundowner nur ein Bier auf der Terrasse über dem Fluss, warm! Wir meckern! Am zweiten Abend ist das Bier kalt und das Essen üppig, frisch und gut. Noch während wir speisen, macht die Bedienung Feierabend, verschwindet unbemerkt, das Licht geht aus. Schade, der Ort erreichbar von der Hauptstadt aus zum Wochenende, hätte großes Potential. Nein, nichts für uns! Wir ziehen weiter südwärts.

15.02. – 21.02.2024 Vom nigerianischen Grenzübergang bei Kalnyaka aus verteilen die Kameruner ihre Einreiseposten über ca. 40 km, sie enden schließlich erst in Banyo, wo auch der 120 km Treck geschafft ist. Doch hier, auf kamerunischer Seite, wird der Weg wahrlich übel, auch wenn die klapprigen Holzbrücken Furten weichen. Die Landschaft ändert sich. Statt übersichtlicher Hochebene umfängt uns dichter Wald, was den Blick über die engen, ausgewaschenen, steilen, felsigen Wege erschwert. Da Jürgen trotz Erkrankung in Extremsituationen deutlich zielgenauer fahren kann, gebe ich das Steuer manchmal aus der Hand, verzichte auf den Vorteil, dass der Fahrer durch dieses mit dem LKW verbunden ist. Ive schaukelt, knirscht und knarzt. Minouk und ich werden arg hin und her geworfen. Wie zuvor die Nigerianer muntern uns jetzt die Kameruner mit erhobenem Daumen auf: Gut gemacht, durchhalten, so interpretieren wir. Nach erfolgreicher Zollpassage sowie der Kontrolle der für die Einreise notwendigen Dokumente, haben wir keine Lust auf Banyo und Jürgen, noch nicht gesund, braucht Erholung. Abseits des Weges genießen wir bei Sami einen lauen, stillen Sommerabend.
In Banyo entpuppt sich der angebliche Immigrationsposten ´nur´ als Zoll. Man schickt uns außerhalb der Stadt zur Polizei. Doch da Jürgen von den Symptomen her auch Malaria haben könnte, fahren wir zunächst zur städtischen Klinik zum Schnelltest. Innerhalb von wenigen Tagen geschieht ein zweites Wunder. Nach einem fähigen Mechaniker trifft Jürgen auf einen ebensolchen Arzt, eine umsichtige TA und kaum zu überbietende Stringenz. Man macht nicht nur den Malaria-Schnelltest, sondern auch eine Urinanalyse. Nach 2,5 h hält Jürgen sein Dossier nebst Diagnose und Therapieanweisung für eine Blaseninfektion in Händen. Ergo setzen wir unseren Therapieansatz mit Schmerzmitteln und Antibiotika (höher dosiert) fort. Gott sei Dank lagen wir mit unserer Einschätzung richtig.
Ach ja, einen Einreisestempel haben wir nirgends erhalten. Man sagt wiederholt, dass wir mit dem preenrollement durch Kamerun fahren können, ohne Stempel und Probleme. Bisher stimmt es.
Die N6 von Banyo Richtung Hauptstadt entpuppt sich die ersten 140 km als schlecht gepflegte Piste. Entsprechend langsam kommen wir voran, Nachtplätze in Nyamboya, Njiloum und Kalong. Für kulturelles Sightseeing z. B. in Foumban und Bafoussam fehlt die Muße. Schade. Das Land ist wunderschön. Vom Tschadsee im Norden, eingebettet in die Dünen der Sahara, über Savanne und Regenwald erstreckt es sich bis zum Atlantik, wo sich der über vier km hohe Mont Cameroun aus dem Atlantik erhebt. Neben den Wundern der Natur präsentieren Chefferien alte Häuptlingskultur im Westen des Landes, wo koloniales Erbe bis heute Grundlage für kriegerischen Zankapfel ist. Und so zeigt sich auch in Kamerun, dass die Aufteilung Afrikas nach den machtwirtschaftlichen Beweggründen Europas, ohne Berücksichtigung der Belange der verschiedenen Ethnien, über Jahrhunderte Anlass für Krieg ist. Die Visa für die Demokratische Republik Kongo zwingen uns nach Yaoundé, leider werden in Duala keine mehr ausgestellt, ein Weg, den wir viel lieber genommen hätten. Doch wir haben Glück. In unmittelbarer Nähe zur Botschaft gibt es eine große Baulücke wie für uns gemacht und fußläufig ein brauchbares Restaurant mit netter Bedienung. Eru, ein grünes, würzig präsentiertes Blattgemüse mit undefinierbaren Fleischstücken und Couscous, das eher an Maniokpürrée erinnert, Huhn – mal nicht in der Form ´Poulet byciclette´ – frittierte Kochbananen, nebst Yams und einer leckeren Tomatensoße. Um uns herum das quirlige Leben der Hauptstadt.
Ein wenig über Kamerun

Portugiesische Seefahrer erreichten als erste Europäer die Region und gaben dem Fluss, der heute Wouri heißt, den Namen Rio dos Camarões, Fluss der Garnelen, die sie dort mannigfach vorfanden. Deutsche Kolonialverwaltung übernahm den Namen zunächst für das heutige Duala und dann fürs gesamte Land. Heute sind die beiden Westregionen englischsprachig, die restlichen acht französisch, aufgeteilt wurde das Land unter GB und F, nachdem Deutschland den Ersten Weltkrieg verloren hatte.
Ca. 30 Mio. Einwohner,
70 % Christen, der Rest Muslime u. a. Religionen; 25 % Analphabeten; Lebenserwartung ca. 60 Jahre, gedrückt auch durch hohe Kindersterblichkeit von 85/1000, 10 % der jährlichen Toten sind Verkehrsopfer. Die Inflation der letzten Jahren ist moderat. Exportiert werden Erdöl sowie Erdölprodukte, Kakao, Holz, Gold, Bananen, die wie Unkraut wachsen u.a.m.. Tourismus entwickelt sich zum nennenswerten Wirtschaftsfaktor.
Ach ja, unsere Visa für die RD-Congo verweigert die Botschaft bislang. Es bleibt spannend.

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18 Gedanken zu „2023 Start > GoSouth 2.0 Zentralafrika

  1. Liebe Leute,
    Toller Bericht wieder, Marion, und wieder ein großartiger Film – nicht der letzte? – aus Angola, Jürgen! Wie schön, daß es euch gut geht!
    Und dazu noch viele bunte Ostereier!
    Liebe Grüße, Christiane und Alex

  2. Christiane, Guri,
    ja, jetzt wird alles besser! Der Höllenritt, z.B. stark fremdbestimmt durch Visaanträge in Orten, die man nicht sehen wollte, liegt hinter uns. Es sind nur noch 20-25 Grad C und es regnet … Äh… Moment!? Die Namib ruft!

  3. Hallo ihr Lieben, haben gerade nach langer Zeit mal wieder bei euch rein geschaut. Hört sich ja alles sehr anstrengend an, ist euch die Lust am Reisen noch nicht vergangen? Dann hat es dich, Marion, auch noch erwischt. Das musste ja nun wirklich nicht auch noch sein. Aber gut, das du jetzt wieder fit bist. Kopf hoch ihr Zwei, jetzt kommen die besseren Zeiten. Wir drücken euch, bis bald Irma und Guri

  4. Ihr Lieben,
    Was sind wir froh, daß ihr wieder rollt! Und jetzt in sauberer Wäsche mit Sundowner wieder am Meer steht! Und schreibt… Gönnt euch alles! Jetzt wird es besser – weiß ich! Minouk, der alte Herr, ist höchstens älter! Klasse!
    Soviel !….. Je vous embrasse tous de tout cœur!
    Alex auch!

    Marion: Merci beaucoup mes chers amis!

  5. Man, was bin ich froh, daß es Dir wieder besser geht, liebe Marion, und Ihr weiterreisen könnt. Ist eine echte Abenteuerreise. Und Jürgen hat sich tapfer geschlagen, als Krankenhausstrohwitwer 😉 Also alles Gute Euch, eine behütete Weiterreise und daß der nächste Malariaanfall weit weg von Dir sei, liebe Marion – und Jürgen gar nicht erst ein Techtelmechtel mit weiblichen (!) Anopheles-Mücken anfängt 😀 Oder hast Du etwa schon…? 😉 Möge Euch die Freude am Reisen erhalten bleiben!

    1. Lieber Gerhard,
      ja, die Tage in Soyo als Strohwitwer waren nicht so angenehm, vor allem nicht für Minouk. Es war sehr heiß und Städte sind sowieso nicht seins. Seis drum, wir haben es überstanden und Marion geht es stetig besser. Techtelmechtel fange ich sowieso nicht an, weder mit weiblichen Anopheles-Mücken noch mit sonstigen weiblichen Wesen, ich weiss sehr wohl zu schätzen was ich habe 😉

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