Nordwestafrika: Marokko > Westsahara & DARS, Mauretanien
Und wieder einige kurze Filme von unserer Reise; Update 06.03.20 (klick hier):
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Ein kurzes Resumée
In Nordwestafrika bereisten wir mit Mauretanien einen uns unbekannten Staat, charakterisiert durch Wüste, Fels, Wind und Staub; zählt man die DARS hinzu, waren es zwei von derselben Ausprägung. Wir fuhren 7600 Km mit Ive, 200 (Jürgen) bzw. 150 (Marion) Motorradkilometer kamen hinzu. 62 Nachtplätze, fünf kostenpflichtig, nannten wir zuhause. Insgesamt gaben wir 41€ für Park-, Stell- und Campingplätze aus (ohne Langzeitparkplatz für Ive in Agadir). Rund 3 Monate reisten wir von Marokko (Tanger Med) bis nach Senegal (Diama-Damm), meist begleitet von sommerlichen Temperaturen. Pro Woche gaben wir durchschnittlich 180 EUR für Treibstoff, Visa, Übernachtungen, Lebensmittel, Ver- und Entsorgung, Schnickschnack … aus. Diesel in RIM mit ca. 0,95 Ct./L etwas teurer als in Marokko bzw. deutlich kostspieliger als in Westsahara. Die Versorgungsdichte war unproblematisch. Wasserbeimischungen sollen vorkommen, Ive schluckte anstandslos, was im Angebot war. Trinkwasser füllten wir vielerorts, meist unentgeltlich, auf (Camping, Tankstellen, Brunnen…). Ließ die Lebensmittelversorgung in Marokko wenig Wünsche offen – sieht man von alkoholischen Getränken ab – so stellte sich die Situation in Mauretanien anders dar. Man leidet weder Hunger noch Durst, aber der Umgang mit und die Darbietung von Fleisch/Fisch/Eiern ließ uns verzichten. Obst- und Gemüseangebote erlebten wir hinsichtlich Qualität und Quantität als bescheiden. Junk food, einzeln verpackt in Plastikportionen sowie Softdrinks waren allerorts zu erwerben. Käse kam in Form von La vache qui rit – mir ist zum heulen – auf´s Brot. Alkohol erwarben wir in RIM nicht, wissen auch nichts über die Schwarzmarktsituation. Die Menschen erlebten wir in Mauretanien zurückhaltender als in Marokko, meist jedoch ebenso freundlich und umgänglich, abgesehen vom vereinzelt auftretenden rüpelhaften Verhalten mancher Jungs. Aus unserer Sicht lebt in RIM die Bevölkerung in Armut, ein komplexer Begriff, schwer definierbar und zudem relativ. Armut in Deutschland würde in Mauretanien z. B. Reichtum bedeuten. Betteln bzw. Korruption erschien uns nicht erwähnenswert. Mauretanien ist ein islamischer Staat, Touristinnen können sich jedoch problemlos ohne Kopfbedeckung und im Sommeroutfit zeigen. Tschador, Burka oder dergleichen sahen wir, anders als in Marokko, gar nicht. Frauen hüllen sich in bunte Tücher, aber lange nicht immer sind Arme und Schultern bedeckt; die meisten Männer bevorzugen blaue Gewänder, schützen sich so vor Wind, Sonne und Sand.
Mauretanien
24.02. – 26.02.2020 In Rosso tauschen wir EUR in senegalesische Währung, CFA. Banken wechseln nicht, das kennen wir bereits von anderen Ländern. Und so landen wir am Rosenmontag en ´ne angere Kaschemm mit bestem Wechselkurs. Auf den Genuss der Grenzpassage in Rosso – die Grenzer gelten als die korruptesten in ganz Afrika – verzichten wir, uns reichen Müll, Schrott, Schutt und Staub, den die Hauptstadt der Verwaltungsregion zu bieten hat. Ein solches zum Himmel stinkendes Grauen erleben wir erstmalig! Da hilft es nicht, wenn man sich vor dem Gebet wäscht und an Allah appelliert – hilf dir selbst Mauretanien! Wir wollen das grenzüberschreitende Biospährenreservat, den Diawling-Nationalpark, ansehen, ergo machen wir uns auf nach Diama, dem zweiten mit Fahrzeug passierbaren Grenzübergang von Mauretanien nach Senegal. Der Park, dessen Passage pro Person knapp 5 EUR kostet, umfasst das Mündungsgebiet des Senegal, ist Lebensraum für unzählige Vogelarten, Primaten und Warzenschweine. Drei davon laufen uns fast ins Auto, doch das war es auch im Großen und Ganzen mit Tierbeobachtungen. Wer beispielsweise die großen Mündungsdeltas europäischer Ströme kennt, kann auf Diawling getrost verzichten. Zudem bläst mal wieder kräftiger Wind, braunroter Nebel hüllt alles in Staub. Wegen der Schwüle müssen die Fenster nachts offen bleiben und morgens staunen wir ob der Staubschicht, die wie eine Decke über allem liegt. Nun denn, reisen ist kein Urlaub, also vor dem Frühstück die gröbste Staubschicht entfernen, der Rest muss warten. Noch 9 Km bis zum Grenzdamm. Auch so eine Geschichte fragwürdiger Entwicklungshilfe. 1985 führte das Staudammprojekt der Regierungen Senegals und Mauretaniens dazu, dass die in den Atlantik fließende Wassermenge reguliert werden konnte und der zweimal tägliche Einstrom von Salzwasser ausblieb. So wurde das Gebiet unabhängig von Trockenperioden einer kontinuierlichen Landwirtschaft zugänglich. Das zog in größerem Umfang Menschen in die Region, die auf bescheidenen Wohlstand hofften, ohne dass entsprechende Wohn- und Sanitäreinrichtungen vorhanden waren. Mensch und Vieh lebt(e) am, mit und vom Fluss. Aber nicht nur Mensch erfreute sich der Chancen, die der Staudamm mit sich brachte, auch die Schnecken, den Bilharzioseparasiten in sich tragend, vermehrten sich explosionsartig, da das Regulativ ´Salzwasser´ ausblieb. Und so kommt es, dass die Bevölkerung im Norden Senegals mit fast 100% den höchsten Grad an Bilharziosedurchseuchung ganz Afrikas verzeichnet, der Schnitt liegt bei der Hälfte.
Zügig, freundlich und transparent verlaufen Ausreise und Einreise. Keines der kursierenden Schreckgespenster können wir bestätigen. Auf mauretanischer Seite zahlen wir rund 30 EUR für Parkeintritt, Zoll und Polizei, alles mit Quittung. Auf senegalesischer Seite kosten die Fahrt über den Damm, Zoll und Kurtaxe 13 EUR. Großes Manko: das CdP wird – bekanntermaßen – nicht abgestempelt, es gibt nur ein Passavant für mehrere Tage. Offiziell bekommt man 48h Zeit, um in Dakar das CdP stempeln zu lassen, wir argumentieren ein wenig, bekommen fünf Arbeitstage. Also Zeit genug, einzukaufen und südlich von St. Louis in der Zebrabar ein wenig zu relaxen. Wir sehen uns – in Westafrika!
Intermezzo
Der Server von WordPress wurde gehackt. Tagelang ist man nicht in der Lage, die daraus resultierenden Funktionsmängel zu beheben. Wir bitten unsere Leser um Entschuldigung für entstandene Unannehmlichkeiten.
19.02. – 23.02.2020 Vom Guelta aus sind wir schnell wieder auf der Route de l´Espoir Richtung Kiffa. Geld tauschen, Straßendealer bieten schlechtere Wechselkurse als die Banken an, Lebensmittelvorräte auffüllen, Diesel und Wasser tanken. Meine Männer haben ihren Verbrauch mittlerweile auf 6 L/Tag hochgedurstet. „Kühles Wasser, der einzige Luxus der mir geblieben ist“, so Jürgen. Der Arme, dafür hat er heute eine warme Dusche gratis bekommen, pumpte doch der Druckwasserspeicher das Nass mit über 10 bar in unsere Tanks! Die ´Straße der Hoffnung´, eher Inbegriff der Hoffnungslosigkeit, lässt uns gen Süden ins Dreiländereck Mauretanien, Mali, Senegal abbiegen. Wunderbare Sahellandschaft, der Soufapass und Dörfer versprühen einen Hauch von Afrika. Bis Mbout ist die RN 2 Piste,160 Km.Sand, gut befahrbar. Wellblech, nervig wie immer! Felsige Passagen und Ouedquerungen mit oder ohne Brücken fordern teils Schritttempo. Abseits der Zivilisation scheint Dorfstruktur noch recht zu funktionieren: wenig Müll, bunte Gemeinschaftsunterkünfte, große Lehmöfen zum Brotbacken, Brunnen, Labsal und Treffpunkt für Mensch und Tier. Bei Kaédi stoßen wir auf den Senegal, aus Mali kommender Grenzfluss auf dem Weg zum Atlantik. Weiterhin steigt das Quecksilber über 40° C hinaus. Salziger Schweiß mischt sich mit Straßenstaub, rinnt in die Augen. Gefühle fahren Achterbahn in Mauretanien. Am Straßenrand lächelnde Gesichter, grüßen, winken. Mit der Landschaft ändern sich ihre Bewohner. Dunkelhäutig, schlank, meist von großer Gestalt zeigt sich die vorherrschende Ethnie. Graziös, sich ihrer Selbst und ihrer Schönheit bewusst, schreiten Mädchen und Frauen dahin. Zum ersten Mal höre ich/Marion den Ruf Toubab, Wolof-Wort für Weißer/Fremder. Kurz vor Rosso ereilt uns die Info, dass der Motor von Jörgs Magirus seine Dienste eingestellt habe. Da wir die Beiden weder per Skype noch Threema erreichen können, drehen wir um, schauen was geht bzw. nicht. Nach 20 Km kommen sie uns entgegen, fahren nur noch mit fünf statt sechs Zylindern. Der Kipphebel einer Ventilsteuerung ist gebrochen und Jörg hat kurzerhand den entsprechenden Zylinder außer Funktion gesetzt. In der Stadt findet sich gleich eine Traube mehr oder minder sachkundiger Menschen ein, alle wollen helfen, können es letztlich aber nicht und das obgleich Rosso ein gigantisch großer Schrottplatz ist. Ein stolzer Gartenbesitzer erkennt, dass ich nicht unmittelbar mit dem Defekt am Magirus beschäftigt bin und will mir unbedingt seinen Garten zeigen. Nach der Dürre und Kargheit der Wüste weiß ich sein Gärtchen und die Mühen zu schätzen – hartes Land. Wir ändern unsere Pläne, fahren nicht in den Sandhügel nördlich der Stadt, sondern begleiten den Hippo zu einem Platz, der für die komplette Stilllegung des Zylinders geeignet erscheint und Internet bietet. Gesucht, gefunden, ein Landmaschinenstellplatz. Tee vom Platzaufseher gibt es gratis dazu. Am späten Nachmittag stellt sich heraus, dass es auch der Sportplatz der Rosso-Jungkicker ist. Kein Problem, man spielt um uns herum!
15.02. – 18.02.2020 Die letzten Kilometer unterwegs zum Guelta Metraucha, der großen Badewanne für die selten gewordenen Saharakrokodile, verändert sich die Landschaft. Akazien, Tamarisken und Oscher häufen sich, bilden kleine, lichte Wälder. Grasland kommt hinzu. Sahel, Übergang von Sahara zu Savanne! DieRoute de l´Espoir, Straße der Hoffnung, den Osten mit der Hauptstadt Nouakchott am Atlantik verbindend, sollte eine bessere Versorgung der im Hinterland einsam lebenden Nomaden gewährleisten und so die Landflucht in den Westen begrenzen. Nun haust man entlang der Straße, bestrebt, von den Brosamen, die Vorüberziehende hinterlassen, vereinzelt Krümel zu erhaschen. Unzählige Kadaver beiderseits der RN3 bezeugen, dass die Weidegründe für´s Vieh mitunter existenzbedrohend sind. Eindeutig besser haben es die Krokodile in ihrem Tümpel. Keine Straße führt hindurch, kaum jemand steigt hinab und wenn, Futter wird gerne genommen. Anscheinend sind die Krokos aber satt, es zieht dieselbe Anzahl an Ziegen, Eseln, Rindern und Dromedaren zum Nass wie zurück. Wir blicken zunächst von oben ins Guelta; beobachten die Urzeittiere in ihrer natürlichen Umgebung. Begeisterung ruft der Anblick einer größeren Affenhorde auf dem Weg zum Wasser hervor. Wild zeternd und laut schreiend zieht sie vorbei, uns vom gegenüber liegenden Berg wachsam im Auge haltend. Silberrücken, Weibchen mit Jungtieren und der Rest der Familien; Minouk ist völlig aus dem Häuschen, was sind denn das nur wieder für komische Menschen!?Beeindruckend.
Die Temperaturen steigen beständig, erreichen die 40 °C – Marke, klettern darüber hinaus, das Leben wird träge und mühsam, noch dazu ist erst Ende Februar. Aus wohltemperierten bundesdeutschen Wohnzimmern mit gut gefüllten Kühlschränken lässt sich leicht belehrend ermahnen, was „man“ hier anders, besser machen müsste. Wir sehen nicht hinter die Kulissen, sind nur vorübergehend Gast im Land, die Probleme fallen jedoch hier und da ins Auge: Müllberge, Landflucht, mangelndes Bildungswesen. Ein Umdenken der Industrienationen in Sachen Wachstum, Ressourcenverbrauch auf Kosten anderer, würde sicherlich lohnenswerte Beiträge liefern, ebenso wie der Verzicht auf den exorbitanten Export von junk food und dergleichen in die „hinterste Ecke im Busch“, schlecht für das Wohl von Mensch und Umwelt. Doch ohne profunde Kenntnisse ist das Erheben einer Meinung überheblich – belassen wir es beim beobachten.
11.02. – 14.02.2020 „Le Savoir est la seule richesse que l´on peut distribuer sans risque de se ruiner“ (Wissen ist der einzige Reichtum, den man verteilen kann, ohne das Risiko einzugehen sich zu ruinieren.) so steht es geschrieben im Innenhof der Bibliothek des Gelehrten Seïf in Chinguetti. Mit Begeisterung erzählt er von der einstigen Blüte der Stadt, deren Gründung auf das Jahr 777 unserer Zeitrechnung zurückgeht (Anmerkung: Andere Quellen geben spätere Jahre an). Man sprach vom Land von Chinguetti, sprach man von Mauretanien. Er erzählt von den ehemals zahlreichen Schulen, vom Islam, nicht Angst und Terror verbreitend, sondern Liebe und Frieden predigend. Sein Stolz ist die Bibliothek mit wunderbaren, beeindruckenden Kaligraphien, unter ihnen die eintausend Jahre alte Koranschrift, das älteste Exemplar im Bestand. Während er in den Büchern blättert, habe ich/Marion Sorge, dass die Seiten vor unseren Augen zu Staub zerfallen. 2,50 EUR pro Person kostet die Besichtigung. Damit ist das UNESCO-Welterbe wohl kaum für die Nachwelt zu erhalten, zwingend wäre weitere Hilfe notwendig.
Unsere 12 jährige Führerin, die gut französisch spricht und in Nouakchott sechs Jahre zur Schule ging, hatte uns bei unserer Ankunft auf sehr selbstbewusste Art und Weise angesprochen und ihre Dienste angeboten: Rundgang durch die Stadt, Besuch der Bibliothek und zum Abschluss ein Tee bei ihrer Mutter. Gut hat sie ihren Job gemacht und natürlich das erbetene geringe Salär erhalten. Nicht ganz haben wir die Erwartungen der Damen bezüglich erbetener Geschenke oder Tauschobjekte erfüllt. Touristen und Reisende sind aber eben keine wandelnden Geschenkläden, manchmal für beide Seiten schwer hinzunehmen.
Auf dem Treck nach Chinguetti hatten wir ja nahezu jedes Sandkorn einzeln rumgedreht und so suchen und finden wir eine Alternative aus dem Sandkasten heraus. An der Stelle soll nicht unerwähnt sein, dass ich/Marion nach Chinguetti gar nicht gefahren bin. Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich recht gut Auto fahre und auch im Gelände auf vier Rädern kein Angsthase bin. Aber die langen, tiefen Weichsandpassagen, endlos erscheinende Kilometer lang, garniert mit kurvigen Anstiegen und Abfahrten verbannten mich auf den Beifahrersitz – wenn nicht gerade schaufeln und schleppen angesagt war! Mit Erreichen der Zergaberge nehme ich das Lenkrad wieder in die Hand.
Gut einen Fahrtag nach dem Besuch der alten Stadt rollt Ive wieder auf Asphalt. Für weitere Pistenabenteuer fehlen Zeit, Lust und richtiges Wetter. So führen geteerte Wege zum Ziel: Kiffa, bzw. das Guelta Metraucha (Guelta = natürliche Wasserstelle in der Sahara) mit den seltenen Saharakrokodilen. Unterwegs dorthin lernen wir: In Mauretanien könnte man auch auf geteerter Straße im Sand stecken bleiben und so definieren wir Strand neu: Straße mit Sand. Es gibt sie, die Räumfahrzeuge, zumindest eines sehen wir in Aktion. Sehr verschieden ist das Landschaftsbild, schiefergraue eintönige Felsplateaus und schimmernde nachtblaue Steine wechseln ab mit Talkesseln, in die der Wind Sand zu hohen Dünen aufgeschüttet hat. Sicheldünen, schneeweiß, goldgelb, kupferrot mit schwarzen Steinfeldern zwischendrin. Grüne Oasen, schöne Hütten in Rundbauweise aber auch armselig wirkende Behausungen, Armut an Elend grenzend. Heftiger Wind legt einen beigen Schleier über die Landschaft, so dass wir die Schönheit ihres Antlitzes nur erahnen können. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass über lange Streckenabschnitte die Gegend einschläfernd langweilig ist.
05.02. – 10.02.2020 Intermezzo´Pelikan 16´: Windstille und strahlender Sonnenschein begleiten uns die letzten Kilometer zur gestrandeten Avro Shackleton. Der Flieger war auf dem Weg von Südafrika, wo er seine Dienste in der Luftaufklärung um Kapstadt und das Kap der Guten Hoffnung geleistet hatte, zur Flugshow nach England. Mehrere fatale Umstände zwangen den Piloten zur Notlandung. Diese rettete zwar der Besatzung das Leben, aber der Pelikan fand im Sand der Sahara seine letze Ruhestätte, die bis heute eine Faszination auf Reisende ausübt. Wie erwartet ist der Militärposten neben dem Wrack besetzt. Etwas verwundert sind wir ob der drei Teenager, von denen wir an der Kleidung etwa 1,5 als Armeemitglieder oder der Art ausmachen. Reservierte Begrüßung. Spanisch sprechen sie wenig, trifft sich gut, wir auch. Englisch können sie gar nicht – schlecht. Was sie können ist „Euro“ und Zahlen in den Sand malen: 30 EUR fotografieren, allein die Anwesenheit koste 10 EUR. Plumpe Korruption. Drei EUR würden wir zahlen, schließlich fahren wir – hin und zurück – 120 Km Piste, um die Rarität zu sehen. Keine Chance. Jetzt will man 50 EUR. Wir verabschieden uns, umrunden die Pelikan, drehen ab auf die Piste und zum Abschied ertönt ein Schuss aus einer Waffe hinter uns her! Wir interpretieren dies nicht als Salut! Derart unprofessionelles und plump korruptes Verhalten erleben wir erstmals auf Reisen; den Bestrebungen der DARS um staatliche Anerkennung und Akzeptanz nicht förderlich.
Zurück in Fderik gibt es am Militärposten funktionsfähiges Internet. Wir erledigen „Büroarbeit“, bevor es zu den verlassenen Salzgewinnungsstätten von Idjil geht. Zunächst schöne Wüstenlandschaft, dann die endlos erscheinende Salzebene. Erdhaufen und Löcher zeugen vom einstigen Abbau, verdrängt durch billigeres senegalesisches Meersalz. In schöner Wüstenlandschaft geht es wieder Richtung Fderik. Anja und Jörg nutzen einen Platz mit wunderbarem Ausblick zur Pistenpause. Wir gesellen uns hinzu. 300 Asphaltkilometer südlich füllen wir in der Oasenstadt Atar notwendige Ressourcen auf. Deshalb an dieser Stelle ein Tipp zur Währung: Seit zwei Jahren ist neues Geld in Umlauf, eine Zehntel Stelle wurde gestrichen. Das nutzen manche Händler, um dem in der Preispolitik des Landes unerfahrenen Touristen hier und da das Zehnfache abzuknöpfen. Ein Brot/Baguette kostet umgerechnet 25 Ct. und eben keine 2,5 EUR.
Der Besuch einer UNESCO Welterbestätte steht an. Chinguetti – in der islamischen Welt ein Name von großer Bedeutung, eine der heiligen Stätten. Im 13. Jhdt. Zentrum der Lehre von Astronomie, Mathematik, Medizin, Recht, Religion und Rhetorik, Stopp für Pilger unterwegsnach Mekka und Karawanen, die Salz und Datteln quer durch die Sahara transportierten. Heute eine der wenigen Touristenattraktionen im Land, teilt sich mit drei weiteren Oasen den Welterbestatus. Trotz umfangreicher Bemühungen droht der Ort im Sand zu versinken. Nur wenige Tausend Einwohner sind geblieben. Einige von ihnen beherbergen in Privatbesitz uralte Schriften, geschmückt mit Zeichnungen und Bildern, denen Staub und Trockenheit arg zusetzen. Ein Welterbe dem Untergang geweiht? Wir möchten es anschauen. Anfahrt: entweder knapp 90 Km über Wellblech oder durch Berge und Dünen, etwas länger. Ein Einheimischer in Atar warnt vor den langen, weichen Sandpassagen. Andere sind die Strecke auch gefahren, also sollte es gehen; hinauf in die Zargaberge, dann – teils im Schritttempo – über ein steiniges Hochplateau, 50 Km in weniger als drei Stunden. Geht doch! Dann kommt´s knüppeldick, besser gesagt butterweich! Immer wieder versinken wir im Weichsand; schaufeln, während kräftiger Wind unsere Bemühungen torpediert und Augen, Nasen, Ohren einfach alles mit Sand füllt. Meter um Meter legen wir Sandbleche, schleppen sie nach erfolgter „Bergung“ wieder zu den Autos, laufen voraus, fahrbare Wege suchen. Jü&Jö bauen eine Halterung an Ives Stoßstange, so müssen unsere Bleche nicht immer wieder auf´s Dach und wir kommen wesentlich schneller vorwärts :-), zudem sieht unser Heim nun wie ein Pistenrambo aus. TÜV-konform? Haben wir eh keinen mehr! Knapp 40 Km in zwei Tagen! Ein gigantisches Fitnessstudio für perfekten body work out, nicht überfüllt, Solarium inklusive und kostenfreies Training – sieht man vom Diesel ab. Aber wer geht schon zu Fuß zum Sport? Morgen geht es weiter, noch 12 Km bis Chinguetti.
31.01. – 04.02.2020 Steine. Groß, schwarz wie die Nacht. Sand. Melange aus weiß, beige und gelb. Selten Ansiedlungen, Abbilder von Kargheit, Zerfall, Armut. Eine Schule machen wir aus. Trotz fünfjähriger Schulpflicht liegt die Analphabetenrate über 50%. Kontrollposten, zurückhaltend, freundlich. Anders als in Marokko sollte man fiche (Zettel mit Daten von Mensch und Maschine) mitführen, Smartphones sind noch selten! Zunehmend gibt es jedoch Tiefsandfelder, zunächst gut befahrbar, später immer weicher. Das nehmen wir zum Anlass, Bodybuilding zu machen – sprich: ´Schaufeln die Erste´, gleich dreimal an einer Stelle. Der Treck führt durch sehr weichen Sand teils mit Anstiegen. Wir suchen uns weiter südlich eigene Wege. Ich schlage den Jungs vor, die Tittenberge in der Ferne anzusteuern, scheint mir eine gute Richtung. Und? Klappt! Sag ich doch! Zweidrittel der offroad Erzbahnstrecke, etwa 260 km, liegen hinter uns. Wir übernachten. Tags drauf weiter Weichsand. Ganz übel wird´s, dicht stehende, harte Grasbüschel kommen hinzu. Wir springen mehr, denn dass wir fahren. Dann, im Dunst, fern am Horizont tauchen sie auf, Afrikas größte Monolithe. Lohn der Mühen. Sieben Kilometer voneinander entfernt. Ben Amira, der gehörnte Ehemann mit seinen beiden Söhnen, sowie Aischa, die untreue Frau und ihre Magd, fristen ihr Leben in der Einsamkeit der Wüste. So die Sage. Am Fuße von Aischa schufen zur Jahrtausendwende zahlreiche Steinmetze aus Europa imposante Kunstwerke, ein wunderbares Open Air Museum in atemberaubender Kulisse. Idealer Ort für einen Pausentag.
Hinter Tmeimischatt enden die Weichsandfelder – so die Theorie. Ich/Marion finde dann doch noch eins, schätze den Untergrund falsch ein, natürlich falscher Gang. Es gelingt mir, vom 6. in den 4. Gang zu schalten (Untersetzungsgetriebe), mit dem Rest kinetischer Energie auf festeren Grund zu gelangen – zu spät. Für Jörg. Er ist dicht dran, findet keine Gelegenheit auszuweichen und steckt fest. Doch flugs sind die Hipponauten wieder unterwegs. In Choum endet die 400 Km off road Etappe entlang der Erzbahn. Im Dorf sind wir das Ereignis der Woche, wenn nicht des Monats. Schnell umgibt uns ein Menschenauflauf. Kinder, Erwachsene, man wittert natürlich auch eine Einnahmequelle und freundlich begleitet man uns zum Krämerladen, anschließend zum Gemüsehändler. Diesel? Haben wir noch! Mit der Erzbahn biegen wir nach Norden ab. Unser Ziel ist der Tunnel, durch den die Trasse von 1962 bis 1995 verlief. Aufgrund des schwierigen Geländes wurde er aufgegeben und eine neue Trasse, die teils durch die von der Polisario verwaltete Westsahara führt, gebaut. Übrigens ebenso wie die RN1, die wir später Richtung Fderik nehmen. Auf dem Weg nach Zouerate sehen wir die Tagebaustätten der Erzförderung, eine Verladestation und die Ruinen alter Loks nebst Wagen. Die Landschaft erscheint, als trüge sie ein schwarz-graues Trauerkleid. Wir finden das Büro der Polisario und informieren die Sahaouris über unsere Absicht, die 1994 in der Westsahara abgestürzte Avro Shackleton, die´Pelikan 16´, zu besichtigen. Kein Problem, es wird geduldet, aus Mauretanien in die DARS zu reisen und anschließend wieder zurück. Die recht gute Infrastruktur der Stadt nutzen wir noch für Einkäufe von Obst, Gemüse, Butter…, laden Datenguthaben für´s weltweite Netz auf – blöd, dass das Guthaben immer nur für sieben Tage gilt – und fahren zurück nach Fderik, zum Einstieg auf die Piste. Trotz Funkmasten ist Internet leider Fehlanzeige, nicht mal E-Mails gehen. WWW bedeutet hier: Wüste, Weite, Wind. Hoffentlich macht ihr euch keine Gedanken um uns. Und sorry, nun müsst ihr so viel auf einmal lesen! 10 Km vor der Grenze zur DARS findet sich ein Nachtplatz in schöner Wüstenlandschaft. Der Wind lässt nach, ein lauer Sommerabend, wir essen draußen.
28.01. – 30.01.2020 Ein wenig Geschichte: Die Islamische Republik Mauretanien (RIM) ist ein Wüstenstaat, erstmals um 10.000 v. Chr. von nomadisierenden Berbern und Schwarzafrikanern besiedelt, im 7. Jhdt. drangen islamische Araber ein, zu Anfang des 11. Jhdts. gründeten islamisierte Berber – Mauren – das Almoravidenreich, das sich bis Spanien ausdehnte. 1147 brach es zusammen, der Norden Mauretaniens lehnte sich an Marokko, der Süden an Mali an. Arm an Rohstoffen, kümmerte sich ´Europa´ lange nicht um den Landstrich. Franzosen unterwarfen das Land, weil es dummerweise zwischen Senegal und Marokko lag. Im Rahmen der Politik der Entkolonialisierung erhielt Mauretanien am 28.11.1960 seine Unabhängigkeit. Streit, Zank und Putsch bestimm(t)en das politische Geschehen https://de.wikipedia.org/wiki/Mauretanien in einem der ärmsten Länder der Welt. Fast dreimal so groß wie Deutschland ist es Heimat für ca. 4,5 Mio. Menschen. Araber, Berber und Schwarzafrikaner dominieren bis heute, sind mittlerweile recht stark vermischt. Mauretanien verfügt jedoch auch über UNESCO-Welterbestätten, Nationalparks und Naturwunder – dazu später an Ort und Stelle.
Denn zunächst heißt es, Grenzerfahrungen machen: In El Guerguarat aus Marokko ausreisen, dauert fast 2,5 Stunden. Pässe stempeln, anstehen zum Röntgen für LKW, kleinere Fahrzeuge werden per Hand durchsucht, geht aber auch nicht schneller, Zolldokumente für LKW und Motorräder erledigen, auf Wiedersehen MA. Jetzt wenige Kilometer durch Gebiet der DARS bis zur Grenze Mauretaniens. Zunächst Asphalt, der letzte Abschnitt übelste Piste(n). Zahlreiche Spuren lassen uns die Gefahr, aufgrund erzwungener Ausweichmanöver in Minengebiet abgedrängt zu werden, extrem gering erscheinen. Entlang der Strecke unzählige Autowracks in allen Stufen der Zerstörung, ein gigantischer Haufen Rohstoffe. Mauretanische Grenze: Büro 1 Registrierung, Büro 2 Visa (Fingerabdrücke, Foto, 55 € zahlen, Visum ist im Pass), Büro 3 KFZ-Einreisedokument einholen, 10 € zahlen, Büro 4 Reisepässe und KFZ-Dokumente zeigen, Visa werden gestempelt, willkommen in Mauretanien. Durchsucht wurden unsere Autos gar nicht! Einreisedauer: 1,5 h, freundlich, professionell. Schlepper sind omnipräsent, aber wenig aufdringlich. Wir kaufen eine Telefonkarte, tauschen Geld und legen in Bu Anwar (Bou Lanouar), unweit der Gleise und einer Ausweichschleife der Erzbahntrasse, die erste Teepause in Mauretanien ein. Der Offizielle, der uns natürlich kontrollieren und registrieren muss, ist freundlich. Wenig gastfreundlich geben sich die Jungs im Dorf, werfen mit Steinen nach Mensch, Tier und Maschine, Erwachsene kümmert es nicht. Weiter Richtung Osten, parallel zu den Gleisen. Mit bis zu 2,5 Km Länge verkehren auf der einspurigen Trasse die längsten Züge der Welt. Fast alle dienen dem Transport von Eisenerz aus Zouerat nach Nouadhibou zum Atlantikhafen. Neben dem Fischreichtum quasi die einzig nennenswerte Einnahmequelle. Sand. Mal weich mal hart. Wellblech, ab und an. Schöne aber auch öde Wüstenlandschaft wechseln ab. Wind bläst beständig, trocknet Haut, Lippen und Kehlen aus – und für Wochen kein Bier in Sicht! Züge bis zum Horizont, mehr als 200 Wagen zählen wir. Wenige Menschen arbeiten entlang der Strecke, die in kurzen Zeitabständen ausgebessert bzw. erneuert werden muss. Kurz vor m´Grydt schlagen wir unser Nachtlager auf.
Westsahara
27.01. – 28.01.2020 Weiter Richtung Süden. Abwechslungsarme Landschaft. Warum streiten sich verschiedene Parteien um diesen Landstrich? Die Saharouis sicherlich auch aus Stolz ob ihrer Herkunft. Ansonsten hätten wir als Antwort die (noch) fischreichen Küstengewässer und der Welt größtes Phosphataufkommen zu bieten. Nahezu unbegrenzt sind hier zudem die Ressourcen, mittels derer Marokko regenerative Energien erzeugt. Ständig bläst Wind, Sonnenschein gibt es aktuell mehr als zehn Stunden/Tag.
Mit dem nördlichen Breitengrad 23°26´… erreichen wir den Wendekreis des Krebses. Wie ein Gürtel umspannen nördlicher und südlicher Wendekreis, gemeinhin als Tropen bekannt, den Bauch der Erde. Mittendrin der Äquator, etwa 2600km entfernt. Der Tropengürtel definiert den Bereich, an dem die Sonne am Mittag des Tages der Sonnenwende im Zenit steht, Schatten fallen senkrecht.
Ein vorerst letzter Platz am Meer, Strandspaziergang. Weiter gen Süden. Ausgefranstes Asphaltband, beidseits zunehmend Fetzen von Autoreifen, gleißende Helligkeit, hier und da schneeweißer Wüstensand. Bei Barbas nochmals Diesel tanken, ca. 84 Ct./L; Wasser gibts, wenn man improvisieren kann (langer Wasserschlauch und Fahrradschlauch); der angeschlossene Markt bietet Gelegenheit, letzte Dirham in Lebensmittel zu tauschen. All das geht aber auch noch direkt am Grenzübergang! Weiter. Bei El Guerguarat erreichen wir die Grenze, an der formal die Ausreise aus Marokko erfolgt. Danach beginnt für ca. vier Kilometer das Gebiet der DARS, manche nennen es, aus unserer Sicht etwas despektierlich, Niemandsland. Das Thema „Grenzerfahrungen“ heben wir uns für morgen auf. So Gott will melden wir uns demnächst aus Mauretanien.
22.01. – 26.01.2020 Südlich von Tarfaya passieren wir die Grenze zu Westsahara. Würde das GPS nicht den Grenzverlauf aufweisen, wir hätten nichts bemerkt. Die Region ist Spielball der Mächte, einst der Europäer, bis 1975 von Spanien annektiert, dann aufgeteilt zwischen Marokko und Mauretanien. Nach Kämpfen mit der Frente Polisario, die den Osten und Süden kontrolliert und für einen unabhängigen Staat bestehend aus ganz Westsahara kämpft, zog sich Mauretanien zurück. 1976 rief die Frente Polisario während des Westsaharakonflikts die Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS) aus. 1991 schlossen Marokko und Polisario eine Waffenstillstandsvereinbarung. Die endgültige völkerrechtliche Frage der zweigeteilten Westsahara ist bislang ungeklärt. Mehr: https://de.wikipedia.org/wiki/Westsahara https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratische_Arabische_Republik_Sahara
Auch wenn die DARS völkerrechtlich mehrheitlich nicht als Staat anerkannt wird, genießt die Frente Polisario diese Anerkennung als Verhandlungspartner und Repräsentant des saharuischen Volkes, einer maurischen Ethnie in Westsahara. Mauren sind die in Nordafrika lebenden von den Arabern islamisierten Berber, im späten Mittelalter auch als Sarazenen bezeichnet, Namensgeber für das antike und moderne Mauretanien sowie die römischen Provinzen Mauretania Caesariensis und M. Tingitana.
Genug Geschichte, kommen wir wieder zu unseren eigenen. Die Kontrollen an den Polizeiposten (meist Stadtein-/ Ausgänge) sind freundlich und unkompliziert. Oft werden wir durchgewunken. Fragen nach den fiche (ausgefüllte Zettel mit Personalien und KFZ-Daten) verneinen wir, unnötiges Papier! Kein Problem, Reisepässe zeigen, hier und da werden Handyfotos von selbigen und Nummernschild gemacht, weiter geht’s. In Laâyoune tanken wir Diesel für ca. 80 Ct, Trinkwasser gibt´s auch, mit dem Supermarkt tun wir uns schwer – kaufen ergo in den kleinen Läden, die immer junk food und soft drinks anbieten, oft aber auch Brot und Eier. Gemüse gibt es beim Händler nebenan. In Foum El Oued begleitet uns die Gendarmerie Royal zu einem aus ihrer Sicht sicheren Nachtplatz am Strand. Nicht gerechnet haben sie jedoch mit dem Vertreter des EU-Kulturraums, dem mitten in der Nacht der Sprit ausgeht und völlig verzweifelt an unsere Tür klopft, um eine Flasche Wein zu erbetteln. Das beantworten meine Jungs mit heftigem Knurren, Bellen und Geschimpfe. Schon dressed to kill kann ich die Beiden gerade noch davon abhalten, sich gemeinsam auf den armen Entzügler zu stürzen.
Etwa seit Laâyoune ist die Landschaft meditativ – liest sich besser als öde! Völlige Trance ist wohl die Ursache dafür, dass auf der Strecke zwei LKW-Fahrer ihre Fracht ohne erkennbare Fremdbeteiligung aufs Übelste in den Graben setzen. Die traumhafte Küstenlinie, die uns über weite Strecken auf der RN1 begleitet, bleibt dem Auge verborgen. Bei Zaouiat Ahmed Ben Yaddas biegen wir ab zum Atlantik, die phantastischen Ausblicke wollen wir uns nicht ganz entgehen lassen und bitten gleich die Armee um ein wachsames Auge während der Nacht. Klappt, niemand klopft….. Auch die weiteren Kilometer bis Ad Dakhla haben für Auge und Hirn nur schwarzen Asphalt, ockergelben Sand und staubig graues Grün zu bieten. Hier und da ragen Monolithen aus der Ebene hervor, erinnern an Geröllhaufen. Die Halbinsel Ad Dakhla ist entlang der namensgleichen Bucht das Kiter-Paradies schlechthin. Karawanen gleich ziehen Franzosen mit WoMos hierher, bilden regelrechte Kuschelcamps. Ad Dakhla Stadt, ehemals ein Nest mit wenigen Einwohnern hat sich zu einer Kleinstadt mit vielen Gesichtern gemausert, schön sind wenige, gut jedoch Infrastruktur und Warenangebot. Dank GPS und Nachfragen erwerben wir sogar Alkohol in einem Hotelhinterhof und Jürgen genießt abends mal wieder ein kühles Blondes; kühle Blonde sind ebenso rar!
Das Wissen um Westsahara, Polisario und Saharouis bringt uns ein 11L Gas(t)geschenk ein, herzliches shukran, Saharouis. Weiter nach Süden. Bis Porto Rico. Fischer nebst Fängen? Beides Fehlanzeige, doch noch haben wir ein wenig Vorrat. Heftig und beständig bläst der Wind, zerrt langsam an unseren Nerven; Jü&Jö spannen die Windschutzplane – das hilft. Voraussichtlich Mittwoch nehmen wir gemeinsam die Grenzformalitäten zur Einreise nach Mauretanien in Angriff – inshallah.
Ein Gimmick zu LH und majuemin hätten wir noch: LH hat die Flugbox (Raummaß 2,92m), zu deren Kauf wir am 11.01.20 am Fraport genötigt wurden, bereits am 01.01.20 zu Plastikmüll erklärt, sprich wird von LH nicht befördert! Boxen durften bis 31.12.19 das Raummaß 2,85m und ab diesem Jahr 2,59m nicht überschreiten. Ergo: ´geht nicht gibt es´ und majuemin werden wohl künftig auf die Gastfreundschaft von LH verzichten.
Marokko
19.01. – 21.01.2020 Erlaubt uns einen kurzen Nachtrag zur Villa du Souss, wo wir auf die junge Familie Schulte-Tigges trafen, die bei Dortmund einen Lernbauernhof in solidarischer Landwirtschaft betreibt. Fotos gibt es leider keine, aber den link: www.lernbauernhof-schultetigges.de zu einem nachhaltigen, erlebnisreichen Projekt. Wir hoffen, ihr hattet eine tolle Zeit in Marokko.
Südlich von Tan-Tan stoßen wir wieder auf Anja und Jörg; beschließen über die RN 14 und eine namenlose kleine Teerstraße einen Schlenker nach Osten zu machen, um der eintönigen Landschaft entlang der RN1 zu entfliehen. Lohn ohne große Mühen ist schöne semiaride Landschaft, Tafelberge und vor allem das wasserführende Oued Chbika. Gleißende Sonne, schwarzblauer Himmel und Wüstensand zaubern phantastische Landschaftsbilder. Kaum ruhen die Motoren, kommt eine Herde neugieriger Kameldamen zu Besuch. Zweibeiner sehen wir keine. Ein Stopp im Naturreservat bei den Fischern am Lac Naila, im Khenifiss-Nationalpark, eine wunderbare Kombination aus Lagune,Atlantik und Wüste. Wir lernen Ute, Wolf, Manfred und Susanne kennen, verschieben die Abfahrt um einen Tag, denn auch die Sonne kommt heraus, lockt zum Dünenspaziergang. Abends am Lagerfeuer stellen wir dann fest, dass wir alle sechs mit Rainer & Karola bzw. Paola & Igel gemeinsame Freunde und Bekannte haben.
14.01. – 18.01.2020 Vor dem Heimflug verbrachten wir am Atlantik im Süden des Nationalparks Souss Massa ruhige Tage. Im nördlichen Teil des Parks wollen wir dies nun wiederholen. Fehlanzeige. Gleich dreimal an einem Tag werden wir ´zu unserer Sicherheit´ fortgeschickt, unser absoluter Rekord. Das erste Mal geht auf das Konto eigene Blödheit, ein Champ de Tir ist ein Schießplatz und eben kein Champ de TIR, Platz für Schwerlaster! So lernt man Vokabeln. Gehetzt von Grünlicht und Sirenen schlingern wir also mit fast vollem Reifendruck entlang des Ozeans durch die Dünenlandschaft. Irgendwann ist Ruhe, sprich die Militäreskorte ist verschwunden; ergo parkieren wir, verbringen einen schönen Tag. Abends taucht Militär auf, stuft den Platz als dangereux ein, wir müssen weg. Diesmal im Dunkeln, ohne Eskorte. Nach wenigen Km erreichen wir einen Parkplatz bei einer Baustelle nahe der Teerstraße, doch hier fühlt sich der Nachtwächter mit der Sicherheitslage überfordert. Während Jürgen Ive zwischen Abhang zum Strand und Bulli des Nachwächters rückwärts im Dunkeln zirkelt, meint der Guardian, wenn wir einen Hund hätten könnten wir bleiben. Ist das jetzt die totale Verar…..? Stinksauer verlassen wir den Strand nebst überfordertem Wächter, fahren einige Km landeinwärts. Die Nacht am Straßenrand ist ungestört, sieht man von den LKW, die die Baustelle bedienen, mal ab. Weiter gen Süden. Sidi Ifni, ehemals spanische Enklave und Garnisonsstadt über dem Atlantik auf einem Felsplateau thronend, und den berühmten Strand Legzira mit seiner surrealen Felskulisse nehmen wir ins Visier. Oft sind Zufahrten versperrt, hier und dort Schilder mit Campingverbot. Kurz vor der Stadt werden wir, nebst vielen anderen, doch noch fündig, ein Traumplatz. Jürgen nutzt die Ruhe, um den Blinkgeber zu tauschen und den Abwassertank neu zu fixieren, ich gehe mit Minouk auf Jagd – nach Motiven und alleine im www, die Visasituation in N-W-Afrika betreffend. Eine Zusammenstellung (für deutsche Staatsbürger) findet ihr auf der Seite zur aktuellen Reise 2019>GoSouth. Wir werden versuchen, die Theorie an die Praxis anzugleichen, während wir fortfahren. Über Guelmim fahren wir durch wunderbare Landschaft in Richtung Tan-Tan. Roter Lehm und Felsen, Argan- und Akazienbäume, Sukkulente und Kakteen in sattem Grün, Wohnstätten in warmen Ockertönen. Abseits des Ozeans ist es warm, im Sonnenuntergang essen wir draußen zu Abend.
13.12.2019 – 13.01.2020 Daheim in D, Geburtstage mit Spiel und Spaß; Weihnachtsmarkt, Lichter und Glühwein; Weihnachten im Kreise der Großfamilie; Jahreswechsel mit Feuerwerk…. atemberaubende Akrobatik und witzig-spritzige Clownerien im Aachener Weihnachtszirkus; wunderbare Stunden mit lieben Menschen. Wir haben eine tolle Zeit, aber auch Husten, Schnupfen, Heiserkeit, Rücken und Hüfte. Gerne lassen wir die Wehwehchen zurück, Familie und Freunde weniger. Doch Abschiede bestimmen das Leben, …sind Tore in neue Welten – so Albert Einstein. Ergo brechen wir wieder auf, Neues zu erkunden.
Neu ist das Erlebnis am Frankfurter Flughafen, genauer gesagt am Animal check in, wo kurzerhand Minouks Flugbox als untauglich – zu klein – definiert wird, gefolgt von dem prompten Angebot, eine größere für sage und schreibe 350 EUR zu erwerben. Der Gedanke an ein abgekartetes Spiel kommt auf, vor allem, als ich/Marion den Passagieren, die nach uns abgefertigt, vor ähnlichen Problemen stehen, mit unserer „kleinen“ Flugbox aushelfen will. Mein Angebot wird von der Flughafenbediensteten umgehend abgebügelt: „Wenn sie sich nicht sofort entfernen, werden sie vom Flug storniert“. Widerwillig bezieht Minouk sein großes Heim, seine kuschelige Höhle wäre ihm lieber gewesen. Schmollen, zahlen, froh sein, unterwegs sein zu dürfen – gell Birgitta und Rainer!? In Agadir strahlt die Sonne vom blauen Himmel, die Besatzung des Hippo-Taxis steht bereit und empfängt uns mit Transportwagen, Umarmungen und Verständnis, dass unsere Nerven ein wenig blank liegen. In der Villa du Sous https://villadusoussecolodge.morocco-ma.website/de, hat Ive für kleines Geld vier Wochen wohlbehütet auf uns gewartet. Nach herzlicher, von Tee begleiteter Begrüßung, laden wir unser Gepäck um und genießen ein orientalisch aromatisches Dinner mit Anja und Jörg. Auspacken, reparieren, ein Besuch im Souk, erste Vorräte erstehen. Unsere Lichtmaschine hat den Aufenthalt in der Werkstatt ohne Behandlung verbracht, sprich ist immer noch defekt. Fünf Tage warten? Nein, Jürgen wird sich ihr gelegentlich selber widmen. Das Angebot des französischen Supermarkts nutzen wir um Vorräte incl. Wein zu erstehen, dann biegen wir ab Richtung Strand. Wir versuchen vergeblich Peter und Sofie zu erreichen, ein Treffen wird zeitlich eng, wir hängen immer noch in Agadir rum… s.o.!
21.12.2019, 23.12.2019, 28.12.2019, 31.12.2019, 04.01.2020
08.12. – 12.12.2019 Agadir City, Kontrastprogramm. Frauen, oftmals verschleiert; europäische Touristinnen vornehmlich älteren Semesters in Hotpants, die zugehörigen Herren in ebensolcher Beinverkleidung, Gott sei Dank zumindest ohne Socken. „Und führe mich nicht in Versuchung“… Adam ließ sich vom Apfel, oder war doch Eva schuld? verführen, da braucht es bei uns schon einen französischen Supermarkt für den Sündenfall: Blauschimmel, Camembert, Chêvre, Büffelmozarella, Croissant du beurre, im Souterrain die korrespondieren Weine aus marokkanischen Kellereien, in Casablanca gebrautes Bier…. Typisch marokkanisch ist wenig an der Hafenstadt, deren Name `Speicherburg´ bedeutet. 1505 von portugiesischen Seefahrern gegründet, 1911 fast den großen europäischen Krieg zwischen Franzosen und Deutschen auslösend (Panthersprung von Agadir), nahezu völlig zerstört am 29.02.1960 durch ein nur wenige Sekunden langes Erdbeben, https://de.wikipedia.org/wiki/Agadir, heute Retortentouristenstadt ohne marokkanisches Flair, nett, aber kein must see. Entgegen aller Informationen, dass in einem Bereich von ca. 100 Km um Agadir Wohnmobilparkverbot sei, stellen wir Ive in der Stadt bei der marokkanischen Ausgabe der IHK ab. Kein Platz zum verweilen, jedoch ideal für einen Stadtbesuch, mit 2€/Nacht auch erschwinglich. Wir brechen auf, bringen die defekte Lichtmaschine in einer Werkstatt unter, hoffen auf eine erfolgreiche Reparatur nach unserer Rückkehr. Im Südosten Agadirs liegt in Flughafennähe die Villa du Sous https://villadusoussecolodge.morocco-ma.website/de. Hier soll Ive während unseres Heimaturlaubs auf uns warten – und ein Kamel soll durch ein Nadelöhr gehen! Etwa eine Stunde brauchen wir, um die 100m bis in den Innenhof zurückzulegen. Jürgen lässt Luft aus dem Hinterreifen, unterstützt vom Bediensteten wird Bougainvillien und Zypressen ein verspäteter Herbstschnitt verpasst, Minouk und ich werfen nochmals 100 Kg auf die rechte Fahrzeugseite und nun passt Ive – nach marokkanischer Definition – durch die Einfahrt. Ein wunderbares Etablissement in einem Garten Eden erwartet uns. Minouk ist begeistert, überall wuseln Minitiger rum, hervorragende Jagdobjekte. Für uns gibt es neben interessanten Gesprächen Teaflaterate, Wäscheservice, Organisation des Flughafentransfers und einen fairen Preis für den Parkplatz. Möchte jemand das Domizil anfahren, sollte das Auto deutlich geringere Maße als Ive haben (2380 x 3650, die Länge mit 7300cm ist weniger problematisch). Mekki, Chef der Anlage, kreiert das Anwesen zu einem Guesthouse mit besonderem Charme und wir nehmen das letzte Frühstück in Marokko als Gäste in der Villa ein, ein herzliches Danke für diesen Abschied! Reibungslos erfolgt der Transfer zum Flughafen, Jürgen zahlt die 200 € für´s Sperrgepäck, sprich Minouk, und wartet auf die Bestätigung durch LH. Während Andere lange abgefertigt sind, gehen wir in die Verlängerung. Der Stresspegel nimmt ungesunde Ausmaße an. Endlich, nach langer Zeit, erhalten wir das ok! Nun mit Minouk, Box und Gepäck zum check-in, wiegen, Box mit Hund; zum röntgen, Box ohne Hund; Hund in Box und tschüss……. weg ist er, ohne großes murren, etwas winseln, er wird sich dran gewöhnen (müssen). Nun durchlaufen wir das übliche Procedere. Am Terminal beobachten wir, wie Minouk verladen wird, hören ihn bellen als wir einsteigen! Ja, richtig gelesen, unser Hund bellt! So sind wir sicher, dass wir alle drei an Bord sind. Auf die Minute startet und landet der LH-Flieger. In Frankfurt braucht man jedoch eine Stunde, um das Gepäck incl. Sperrgepäck, also Hund, zu entladen. Grund: schlechtes Wetter. Na, das können wir verstehen, ist ja auch außergewöhnlich, dass Anfang Dezember in Deutschland schlechtes Wetter herrscht. Steht Minouk in der Box im Schneeregen auf dem Rollfeld? Das Servicepersonal meint nein, hat aber auch keine genauen Informationen. Dann endlich, sehen und hören wir Minouk in seiner Box anrollen. Er winselt, springt im Käfig hin und her, begrüßt uns überschwänglich. Jetzt noch den Mietwagen holen, verläuft auch nicht reibungslos und zwei Stunden nach der Landung verlassen wir gegen 22:30 Uhr Frankfurt, müde, gestresst, aufgewühlt. Das spürt wohl auch das Auto, das sich nach kurzer Fahrt meldet und dem Fahrer eine Ruhepause nahelegt . Das hat uns noch gefehlt, hoffentlich stellt die Karre nicht den Dienst ein. Ergeht es so den unzähligen Truckern, die sich in die völlig überfüllten Rastplätze quetschen? Es gelingt uns nicht, die Ruheempfehlungen abzuschalten, ignorieren reicht aber. Minouk ist in der Bedienung des Autos recht gut, am Aachener Kreuz öffnet er die hintere Fensterscheibe, schiebt den Kopf nach draußen, na toll, das brauchen wir jetzt, Frischluft! Mit dem neuen Tag erreichen wir Kohlscheid, sind gleichzeitig ausgepowert und überdreht….. bestaunen unser Heim, freuen uns auf Heimaturlaub zu sein.
03.12. – 07.12.2019 Das Tal der Ammeln, benannt nach dem dort lebenden Berberstamm, ist ein weiteres landschaftliches Kleinod bei Tafraoute. Typisch für Berberregionen des Maghreb gibt es auch hier kaum schriftliche Aufzeichnungen. Gesprochene Sprache überliefert(e) Wissen um die Geschichte der Menschen, die im Tal teils bis in die heutige Zeit ein autarkes Leben führen. Fotos gibt es wenige – Regenwetter. Über den Kerdouspass entlang des Youssef Ben Tachfine Stausee in den Nationalpark Souss Massa am Atlantik. Atlantik? Ja, denn: Agadir und der International Airport Al Massira liegen hier, Abflugort für den Heimaturlaub. Und: Der Nationalpark bietet neben phantastischer Küstenlandschaft seltene Flora und Fauna, so Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalpark_Souss_Massa. Flora offeriert in meinen/Marions Augen nichts Essbares, Fauna lässt sich aufgrund des regnerischen Wetters auch nicht blicken – abgesehen von Straßenhunden, Schaf- und Ziegenherden.
Zunehmend macht sich Gefühlswirrwarr breit. Freude darüber, die Advents- und Weihnachtszeit mit Familie und Freunden zu verbringen, gespannte Erwartung ob der Dinge, die sich im Rentnerdomizil getan haben; die Fotoreportagen, Danke dafür Simon, zeigen eine topp Küche und auch der Eingang ist auf gutem Wege, in Marokko würde man sagen: fertig! Stress, ob des Umstands mit Hund zu fliegen. Nicht dass Minouk fliegen muss, das kriegt er hin, aber gegen Bürokratenwahn- und Unsinn ist kein Kraut gewachsen und irgendwie spukt mir die Willkür, die wir auf der Nordreise in Russland erlebten, noch im Kopf herum, zudem hat sich auch die LH bislang nicht mit Ruhm bekleckert – inshallah.
Böse Zungen behaupten, ich sei ein Schlitzohr! Seit heute kann ich nicht mehr das Gegenteil beweisen, verpasse ich doch neben meinen Haaren auch meinem Ohr einen Schnitt. So ein sch…. und ich kann nicht mal den Friseur zur Verantwortung ziehen. Einziger Trost: Ab Mittwoch wird UV-Strahlung nicht mehr den Heilungsprozess verzögern.
29.11. – 02.12.2019 Westlich von Imitek führt eine gute Piste über Bouzarif nach Izerbi durch die wunderbare Landschaft des Antiatlas. Bei Ait Abdelkader biegen wir jedoch ins Ait Mansourtal (P1927) ab, das uns bereits auf unserer Reise 2005 begeisterte: Tiefe Schlucht, enges Tal, üppige Oasengärten, kleine Dörfer und freundliche Menschen. Ragten die Palmen damals auch soweit in den Verkehrsweg? Standen die Häuser so eng am Straßenrand? Ive´s Maße beanspruchen die volle Fahrspur, manchmal mehr. An sich nur was für Kamel und Esel, die mit den Hufen, nicht die mit den Stollen. Was mögen die Bewohner wohl denken, wenn Touristen in riesigen Autos durch ihre engen Dorfgassen fahren? Meist scheinen sie sich über unseren Besuch zu freuen, Daumen hoch, winken. Gegenverkehr? Weicht meist aus, einzig der Schulbusfahrer ist stur. Nach ca. 30Km und mehreren Ortsdurchfahrten ist das Talende erreicht, noch einige Serpentinen hinauf und die Traumstraße ist befahren. Hoch oben auf dem Plateau bietet sich ein phantastisches Panorama auf die Tiefebene von Tafraoute. Neben dem Staunen erledigen wir so profane Dinge wie duschen – muss irgendwann mal sein, die Beinwunde lässt es wieder zu. Tags drauf, unterwegs nachTafraoute, kommt uns ein Wohnmobil aus D entgegen. Ein kurzer Plausch: ´das Tal ist nicht so recht was für euren Weinsberg´. Doch die Grevenbroicher wollen nur bis zum Einstieg in die Schlucht, danach radeln, wir die Blauen Steine näher betrachten und so verabreden wir uns für den Abend auf einem Platz in Stadtnähe.
Wunderbare Landschaft, als hätte ein Riese sein Meisterstück im Steingartenbau gemacht. Jean Vérame, ein Belgier, fand die Landschaft mit bunten Felsen wohl schöner als in den Naturtönen. So verteilte er 1984 etliche Tonnen Farbe, vornehmlich blau, in der Landschaft. Zuvor bereits in Frankreich, den USA und verschiedenen afrikanischen Staaten geschehen. Kunst? In jedem Fall Eigen Art, dem Tal nebst Städtchen beschert es Besucherströme. Wir gehören dazu und kommen in den Genuss (?) des frischen Anstrichs. Während wir nach dem Besuch den verabredeten Platz suchen, überholen uns die Grevenbroicher, nehmen uns ins Schlepptau. Lange sitzen wir mit Bettina und Dietrich draußen, erleben einen kurzweiligen Abend. Naima, eine Frau aus dem nahen Dorf, bietet perfekten Wäscheservice und köstliche Tajine an, wir genießen, beides, für knapp 20 EUR. Noch ist Zeit bis zum Heimflug, der Himmel ist blau, wir bleiben; fahren mit den Betas ins Ait Mansourtal. Kehre um Kehre schrauben wir uns hinab und da kommt uns doch tatsächlich ein Hippo entgegen! So verbringen wir die nächsten kurzweiligen Abende in Tafraoute, diesmal mit Anja und Jörg.
Aus grauem Himmel fällt kalter Regen, die erste Kerze brennt, wir hören Simon´s Weihnachtsmusik….
23.11. – 28.11.2019 Zagora, der Besuch ruft zwiespältige Gefühle hervor. Einerseits parken wir Ive diesmal ohne Knolle, genießen Milchkaffee in der Sonne, der uns freundlich serviert wird, andererseits bettelt man uns recht aufdringlich an, EUR statt Dirham wären kein Problem, das Maskottchen im Führerhaus würde auch gerne genommen. Im Basar versucht man uns mit 60g Gewürz statt der 100g für 20 Dirham abzuspeisen, gelangweilt wirken die Gemüsehändler. Der Schuhverkäufer lässt mit sich handeln. Ich/Marion hatte mich zuvor bei Omar mal erkundigt, was denn seine neuen Schuhe gekostet hätten. 80 Dirham meinte er. Ok, die 120 Dh sind also überzogener Touripreis, gern sind wir bereit, für 100 Dh zu kaufen, ein guter Kompromiss, so finden wir. Wunderbare Stunden verbrachten wir mit Alex und Christiane zu Beginn des Jahres hier, das lässt sich nicht wiederholen – wir verlassen Zagora, fahren Richtung M´Hamid. Lange sitzen wir draußen, warme, dunkle Nacht, klarer Sternenhimmel. Einheimische fahren vorbei, halten kurz an und meinen, wir sollten achtsam sein, es gäbe Skorpione und Scarabäen – sehr aufmerksam, völlig unaufdringlich – wunderbares Marokko! (Mehr Infos und Fotos in der Rubrik Vergangene Reisen/Winterreise, ich will mich nicht wiederholen und euch nicht langweilen.) Nach reiflicher Überlegung entscheiden wir uns trotz Jürgens Verletzung für die Tour in den großen Sandkasten Marokkos – den Erg Chegaga, nehmen Kontakt zu Anja und Jörg auf, leider zunächst ohne Response, sie sind wohl im Datenloch. Die Piste gestaltet sich schwieriger als im letzten Winter. Sandstürme und heftige Regenfälle änderten den Verlauf, Fahrspuren sind kaum, teils gar nicht zu sehen. Betonharte tiefe Furchen, Schlaglochkanten. Besonders übel ist es, wenn uns der eigene Staub überholt. Immer wieder hohe Sandverwehungen, anhalten, zu Fuß erkunden, wo ein Durchkommen ist. Mein Stresspegel steigt, nur ja keinen Fahrfehler machen, der Jürgen zwingen würde, auf´s Dach zu klettern, Sandbleche abzuladen, zu schaufeln…. Wenige Kilometer pflüge ich teils im Blindflug durch den Sand, dann bin ich mental erschöpft – Fahrerwechsel. Hinein in Sackgassen, wieder raus… Reifendruck nochmals reduzieren auf jetzt 2,5 bzw. 3 bar. Entspannen, tief durchatmen…..die Sicht wird klarer, die Piste erkennbar. Mit der Zeit gewinne ich wieder zutrauen zu Ive und in meine Sandfahrkünste, es macht Spaß zu surfen…. Knapp 90 Km, dann stehen wir in dem kleinen Sandkessel, den wir vom letzten Winter kennen. Alex, Christiane, wir trinken Sundowner auf der Düne! Völlige Windstille, Schweigen der Wüste genießen, laue Sommerabende mit atemberaubendem Sternenhimmel. Im Nationalpark Lac Iriki entdeckten Anja und Jörg ein Fossilienfeld, auf Schritt und Tritt stolpert man quasi über die Zeugnisse uralter Vergangenheit. Vor allem im Licht des Abendrotes wirkt der Ort fast mystisch. Gemeinsam entscheiden wir, die südliche Piste entlang der algerischen Grenze Richtung Foum Zguid zu fahren. Die Hauptroute ist zwar deutlich kürzer aber wir haben sie als übel, mit viel Wellblech und zahlreichen, teils tiefen Ouedpassagen in Erinnerung. Die Entscheidung ist goldrichtig. Die Landschaft, die Assoziationen an eher fremde Planeten aufkommen lässt, ist nicht minder phantastisch. Nach etwa 50 Km, weitergereicht von Militärposten zu Militärposten – vier an der Zahl – kommt die RN 17 westlich von Foum Zguid in greifbare Nähe (auch hier mehr Infos und Fotos in der Rubrik Vergangene Reisen/Winterreise). Wir bleiben über Nacht, die Akazien bieten bestes Brennholz für´s Lagerfeuer, über uns die Milchstraße, Sternschnuppen, in der Ferne die Lichter der Oase. Morgens, also ehrlich gesagt war es fast mittags, dann noch das Oued Zguid durchqueren, verabschieden, Luft in die Reifen pumpen, Schmiernippel fetten – die von Ive, unsere haben wir noch nicht gefunden, wär ´ne tolle Sache – und schon rasen wir mit knapp 80 km/h gen Tata. Die leeren Vorratskisten lassen sich hier gut bestücken und dann starten wir bei Imitek zur Durchquerung des Antiatlas. Last but not least: Jürgen´s Bein ist auf dem besten Wege der Heilung, nur noch eine dicke Schorfkruste ziert das Schienbein.
18.11. – 22.11.2019 Omar kommt abends vorbei, bringt Feuerholz, berichtet ein wenig vom Leben der Nomaden, von der Politik, gemeinsam schweigen ist Ruhe, kein Stress.
„Als Gott die Welt erschaffen hatte, schaute er sie sich an und alles, was vom Wesentlichen ablenkte, nahm er heraus. So entstand die Wüste…“ weiss ein beduinisches Sprichwort. Zumindest in zwei Dingen gehen wir nicht konform: Schlangen stören den Blick auf das Wesentliche und Wasser wäre in größerem Umfang von Wert. Letzteres, also Mangel daran, vertreibt uns u.a. nach einer Woche aus dem Sandkasten ins Oasen-Dorf Hassilabied, als Gäste von Camping Haven Auberge La Chance, einer Kombination aus Herberge und Camp. Jürgen braucht eine Ruhepause. Beim Spiel ´Fußraste gegen Schienbein´ hat letzteres verloren. Die Wunde hat sich entzündet, so wollen/können wir nicht auf die Piste von Merzouga nach Zagora, besteht doch auf den rund 250 Km einerseits die Chance des Festfahrens, andererseits ist professionelle medizinische Versorgung Fehlanzeige. Noch fassen wir nicht die Straßenalternative ins Auge. Doch nach zwei Nächten im Camp und Medikation ist die Wunde weiterhin stark von unerwünschten Gästen besiedelt. Rot, gelb, grün sind Farben, die ´mann´ nicht gern am Körper sieht. Wir kehren der Piste den Rücken, wollen bei Ouarzazate einen Blick auf das Solarkraftwerk Noor (Licht) werfen, die größte Anlage dieser Art weltweit! Das allwissende Internet besagt, dass eine Besichtigung ca. vier Wochen im voraus angemeldet werden muss. Mal sehen was geht. https://www.eib.org/de/projects/prioritis/climate-and-environment/climate-action/ouarzazate.htm
Langweilig, meist schnurgerade zieht sich das Asphaltband durch die wunderbare Landschaft des Djebel Sarhro. Über weite Strecken ist Jürgen in der Kabine, legt das Bein hoch. Nun kann ich mich für die tausende von Kilometern, die er >GoNorth allein abspulte, ein wenig revanchieren. Durch das Draatal, entlang üppig grüner Palmengärten, Datteln werden geerntet. Kurve um Kurve schrauben wir uns den Tizi-n-Tinififft hinauf, hinab. Bei Noor geht uns dann in zweierlei Hinsicht ein Licht auf! Erstens: Das Internet hat Recht. Zweitens: Der öffentlich bedienstete Torhüter besitzt das Aktivitätspotentials eines Rhodesien Ridgeback bei 35ºC im Schatten. Also bleibt es bei der Betrachtung von außen, auch nicht uninteressant. Das Energiepotential ist jedem vorstellbar, der einmal mittels einer kleinen Lupe einen Brennpunkt auf seine Haut gerichtet hat – Mutprobe aus Kindertagen; der Kollektorturm, auf den sich das Licht der Spiegel fokkussieren wird, die Brennpunkte im Himmel, die Ausmaße der Anlage, an der wir vorbei fahren – imposant. Offenbar finden Justagearbeiten statt, denn wir sehen am Turm hin und wieder Lichtbündel einzelner Spiegel. Am Rande bemerkt: Das kleine Solarkraftwerk auf Ives Dach erzeugte im Laufe der letzten 12 Monate 309 kWh.
Nach Tagen scheint Jürgens Wunde zu heilen. Wir wenden uns erneut gen Süden – evtl. fahren wir die Erg Chegaga – Piste, mal sehen. Ist es eine subjektive Beobachtung unsererseits und anderer Reisender, dass Verletzungen hier – wie auch immer „hier“ definiert sein mag – schlecht heilen? Selbst kleinste Verletzungen verschorfen stark, zeigen meist längere Zeit gerötete Wundränder, benötigen lange bis zum abheilen. Eine zugegeben oberflächliche Recherche im allwissenden Netz ergibt keine weiterführenden Informationen. Hat jemand von euch welche? Die würden uns sehr interessieren!
12.11. – 17.11.2019 Immer wieder bietet der Erg Chebbi, wenn auch mit den Jahren zunehmend touristischer geworden, einen faszinierenden Anblick. In der Sonne glänzende schwarze Steinfelder, Hammada, durchzogen von grünen Bändern, goldrote Sandberge, der eigentliche Erg – lasst eure Fantasie spielen. Am Dayet Srij reduziert Jürgen den Reifendruck, wir fahren in den Sandkasten nach Ksar Tanamouste zu Anja und Jörg, schwatzen und Wunden lecken. Abseits der Touristenströme hält der Osten der Grand Dune die Stille der Wüste bereit, Wind und Licht verändern unentwegt das Gesicht der Landschaft, hoch oben am Firmament das helle Band der Milchstraße, langsam bewegt sich die Erde unter dem Sternenhimmel hinweg,Television Berber wärmt in eisig kalten Nächten. Aus weiter Ferne dringen die Klänge der Trommeln aus den Touristenzelten zu uns. Omar sieht und erkennt unser Auto, kommt zu Besuch, ein Kaffee, ein klein wenig Tauschhandel, leben und leben lassen, gar nicht so einfach am Rande der Sahara. Uns erreicht die Kunde von viel Schnee in den Bergen, Pässe im Mittlern wie Hohen Atlas sind gesperrt für den Verkehr. Welch ein Glück, war uns das Wetter vor wenigen Tagen dort noch hold.
09.11. – 11.11.2019 Mittlerer wie Hoher Atlas bescheren traumhafte Bergwelten. Karge, trotzdem abwechslungsreiche, fast wüstenartig anmutende Landschaft, unterbrochen von sattgrünen Winterweiden und Oasen, dem stahlblauen Wasser des Lac de Tislit. Auf 2500m schlagen wir am Ufer das Nachtlager auf. Über Imilchil und Agoudal verläuft die Straße durch den Hohen Atlas zum Einstieg in dasTal und die Schlucht des Todhra. Siedlungen in traditioneller Lehmbauweise, mehr oder weniger erhaltene Reste alter Kasbahs, Menschen die lachen, rufen und winken lockern immer wieder das Bild auf. Felsformationen, weich fließend wie Petticoats, mit klaren Kanten, an Plisséeröcke erinnernd, geschichtet wie luftiger Blätterteig, Busen der Natur, rund und weich wecken Begeisterung. Richtung Tinerhir rücken die hohen Felsen der Schlucht immer enger zusammen, scheinen sich im Himmel zu treffen. Wir fahren bis in die Stadt tanken. Jürgen möchte mit vollen Tanks die steilen Passagen der Querung von der Todhra- zur Dadesschlucht angehen. Nahe des quirligen Dorfes Tamtattouchte finden wir mühelos den Einstieg in die Piste, was uns 2005, mit den Motorrädern unterwegs, nicht gelang. Aber ich/Marion hätte mich eh nicht getraut die Passage mit der BMW zu fahren. Zahlreiche steile, enge Passagen, Hanglagen, Steilkehren, hinauf auf 2800m und wieder mehr als 1000 Höhenmeter hinunter, alles was frau so gar nicht braucht. So steht es geschrieben, so wird es erzählt. Wie war es wirklich? Auf zwei Rädern ganz klar nichts für mich, zu lang, zu anstrengend. Mit dem LKW? Es gab einige wenige Stellen, wo ein Fahrfehler fatale Folgen gehabt hätte – die habe ich Jürgen überlassen, dreimal mussten wir in Kehren reversieren. Ansonsten wurden wir durch wunderschöne Landschaft und ein nettes Treffen mit den von Klaus Kinigadner geführten KTM-Piloten belohnt. „Jungs, die fahren das mit dem LKW. Da beschwert ihr euch mit den Moppeds!“ Also ich für mein Teil: s.o.! Am Riad Bleu Afriqua, 29 Km nördlich von Boulmane Dades lassen wir den Abend mit einem leckeren marokkanischen Viergangmenü für unter 30€ ausklingen und rauchen durfte ich auch!
(Auf Drohenfilme müsst ihr leider verzichten, seit längerem ist es stürmisch.)
05.11. – 09.11.2019 Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Betrachter wie Betrachterin sind gerade mal weniger begeistert. Graue Wolken, Nebel und Regen verhüllen die Landschaft, unförmige lange Mäntel und Kopftücher das Gros der Weiblichkeit. Auch der Müll auf dem Parkplatz am Placeel Hedim bei der Medina von Meknes ist einer marokkanischen Königsstadt Stadt mit UNESCO-Welterbestatus unwürdig. Aber was schreibe ich! In Marokko versucht der König durch Energiekonzepte, die Realisierung erfahren, Verbot von Plastiktüten und Aufstellen von Mülleimern vordringlichen und sichtbaren Problem entgegen zu wirken. In D hingegen werden Müllberg und Ressourcenverbrauch in großem Stil unter dem Deckmantel des Umweltschutzes durch Regierungsmaßnahmen wie Abwrackprämien und Elektromobilität geschürt. Aber morgen, ja da scheint wieder die Sonne, dann sehen wir weiter.
Mehr zu Meknes bei https://de.wikipedia.org/wiki/Meknès oder auf dem Blog, vergangene Reisen https://majuemin.de/winterreise-2018-19-marokko/
Heute ist das Morgen von gestern und die Sonne scheint. Müll und Kopftücher sind noch da, aber auch das Lächeln und Grüßen, geschenkte Granatäpfel und Walnüsse. Zwei Seiten einer Medaille, ebenso wie der typische Geruch Marokkos: Ausdünstungen von Mensch, Tier und Schlachtvieh so wie der Duft orientalischer Gewürze, von Rosen, Zedern- und Sandelholz,